Das vom Global Forum der OECD «weitgehend konform» sei in etwa mit der Note 4,5 gleichzusetzen, konstatiert Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern. Eine ausgezeichnete Note sei es damit nicht, aber man sei im Grossen und Ganzen zufrieden mit der Schweiz – trotz zweier ungenügender Bewertungen in Teilfragen.
Kunz erinnert zugleich, dass das Global Forum kein neutraler Lehrer ist: «Es sind im Prinzip auch Konkurrenzstaaten der Schweiz, welche die Noten verteilen.» Unbesehen davon sei die Viereinhalb akzeptabel für die Schweiz, die damit international im oberen Mittelfeld liege. Die Schweiz habe aber auch tatsächlich die meisten vom Global Forum über die Jahre hinweg verlangten Punkte längst erfüllt und sei jetzt «unauffällig gut dabei».
Die Schweiz ist jetzt unauffällig gut dabei und sollte einfach nicht mehr negativ auffallen.
Spitzenreiter in einer solchen Rangliste wären nach den Worten von Kunz ohnehin schwierig zu definieren. Vor allem Grossstaaten wie Grossbritannien oder die USA gäben sich zwar immer sehr konform: «Auch sie haben aber durchaus ihre Leichen im Keller, wie die Trusts im Vereinigten Königreich und verschiedene US-Gliedstaaten zeigen.»
Gefahr grauer und schwarzer Listen gebannt?
Dass die Schweiz den Test erfüllt hat, ist laut Kunz vor allem diplomatisch und politisch wichtig. Und er fügt an: «Persönlich warne ich schon seit Jahren davor, die Drohungen mit schwarzen und grauen Listen allzu ernst zu nehmen. Denn mit solchen Mitteln sollten vor allem die Politiker gefügiger gemacht werden.» Selbstverständlich sei es auch eine Frage der Reputation und es sei nicht zuletzt für den Finanzplatz gut, wenn sich die Lage und die internationale Kritik ein wenig beruhigten.
Ein vom Global Forum kritisierter Punkt ist, dass die Schweiz aufgrund von gestohlenen Bankdaten bisher keine Amtshilfe leistet. Was passiert, wenn das Parlament die vom Bundesrat geplante Lockerung ablehnt, ist relativ schwer abschätzbar.
Der Finanzplatz kann die Rechtsstaatlichkeit in die Waagschale werfen.
Doch Wirtschaftsrechtler Kunz geht davon aus, dass es sich für die OECD und das Global Forum eher um ein «Nebenthema» handelt: «Es kommen nicht viele und erklären, ihre Gesuche basierten auf gestohlenen Daten. Ganz so dumm sind die anderen Staaten nicht.» Es sei vielmehr ein grosser Fall, der bisher für Aufsehen gesorgt habe.
Weitere Prüfung in drei Jahren
Falls das Schweizer Parlament nicht nachgibt, erwartet Kunz keine ernsten Konsequenzen. Er sieht vielmehr durchaus gute Gründe, sollte das Parlament sich weigern: «Denn es geht nicht zuletzt um die Rechtsstaatlichkeit. Das ist noch einer der wichtigen Punkte, den der Finanzplatz in die Waagschale werfen kann.»
Die Schweiz wird irgendwann im Jahr 2019 noch eine dritte Prüfungsphase durchlaufen. Dann will die OECD wissen, wie das Land mit den noch monierten Mängeln umgegangen ist. Neben der Amtshilfe bei gestohlenen Bankdaten geht es unter anderem um die Transparenz bei Inhaberaktien. Hier hat die Schweiz bereits diverse Massnahmen ergriffen, doch die Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten werden von der OECD weiterhin als ungenügend beurteilt.