Christoph Mörgeli hat eine empfindliche Schlappe erlitten. Internationale Experten sind zum Schluss gelangt, dass der Titularprofessor und SVP-Nationalrat am Medizinhistorischen Institut der Universität Zürich mangelhafte Dissertationen
abgesegnet hat.
Laut Universität waren 39 zufällig ausgesuchte und anonymisierte Dissertationen, die von verschiedenen Dozierenden betreut wurden, einer Beurteilung unterzogen worden.
Die drei Experten seien zu dem Schluss gekommen, dass Mörgeli als Konservator, zusammen mit seinem einstigen Chef Beat Rüttimann, häufig mangelhafte Dissertationen abgesegnet habe. Teilweise habe es sich gar um wenig oder gar nicht kommentierte Transkriptionen gehandelt.
Nach Meinung der Experten ist die mangelhafte Qualität der Dissertationen auf eine unzureichende Betreuung der Doktorierenden zurückzuführen. Mörgeli und Rüttimann, die beide nicht mehr am Medizinhistorischen Institut und Museum tätig sind, hätten ihre Doktorierenden nicht ausreichend auf das Verfassen eine wissenschaftlichen Arbeit in Medizingeschichte vorbereitet. So sei etwa der Fragestellung, der Kontextualisierung und den Quellenangaben zu wenig Bedeutung beigemessen worden.
Mörgeli: «Viele Doktoranden hatten ausländische Wurzeln»
Christoph Mörgeli weist die Kritik der Uni Zürich zurück: «Ich stehe voll und ganz hinter den Arbeiten, die ich betreut habe.» Er räumte jedoch ein, dass es teilweise Probleme mit der Sprachkompetenz gegeben habe. Beinahe die Hälfte der von ihm Betreuten habe ausländische Wurzeln. «Hätte ich diese Doktoranden nicht betreut, hätte man mir dies sicher aus parteipolitischen Gründen zum Vorwurf gemacht», so der Titularprofessor und SVP-Nationalrat.
Er selbst sei von den internationalen Experten nicht angehört worden. Auch über das Ergebnis ihrer Prüfungen der Dissertationen sei er nicht informiert worden.
In einer zweieinhalbseitigen Stellungnahme weist Mörgeli darauf hin, dass die Qualität der von der Expertenkommission überprüften 39 Dissertationen seinerzeit von der Medizinischen Fakultät der Universität Zürich als «mindestens genügend» beurteilt worden seien. Diese hätten wissenschaftlichen Standards entsprochen. «Es gab unter meiner Leitung keine einzige Dissertation, die lediglich aus einer unkommentierten Texttranskription bestand.»
Höhere Anforderung bei Medizingeschichte?
Weiter kritisiert Mörgeli, dass einzig die medizinhistorischen Dissertationen überprüft wurden statt die Standards der medizinischen Dissertationen als Ganzes. «Ansonsten hätte sich herausgestellt, dass die Medizingeschichte an die Doktorierenden weit höhere Anforderungen stellt, als viele medizinische Disziplinen, bei denen die Dissertation zuweilen aus einer Tabelle und einigen Messungen besteht.»
Den Expertenbericht sieht Mörgeli nicht als Rechtfertigung für den Beitrag der «Rundschau» vom März 2013. Gegen diese Berichterstattung, die von der Universität zum Anlass genommen wurde, die Dissertationen überprüfen zu lassen, hatte er bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI der SRG Beschwerde eingereicht.
Das Verfahren sei noch immer hängig, sagte Mörgeli. Ebenfalls hängig sei sein Rekurs gegen die Kündigung durch die Universität. «Nicht einmal ein Arbeitszeugnis habe ich bisher erhalten.»
Mörgeli wittert politische Kampagne
Im Frühling 2013 hatten Berichte der «Rundschau» Zweifel an der Qualität medizinhistorischer Dissertationen aufkommen lassen. Die Universität hatte daraufhin eine internationale Expertenkommission eingesetzt.
Christoph Mörgeli war im September 2012 als Kurator des Medizinhistorischen Museums der Universität Zürich per sofort freigestellt worden.
Die Uni begründete ihren Entscheid mit ungenügenden Leistungen Mörgelis als Konservator sowie mit seiner massiven Verletzung der Loyalitätspflicht gegenüber der Universität.
Gegen die Kündigung legte Titularprofessor Mörgeli Rekurs ein. Er machte eine politisch motivierte Kampagne geltend. Als bekannter SVP-Nationalrat sei er an der Universität Zürich nicht mehr geduldet worden.