Viele Flüchtlinge, die nach Europa kommen, haben Traumatisches erlebt. Krieg und Folter in den Heimatländern haben ihnen zugesetzt und sie haben häufig auch auf der Flucht schlimme Erfahrungen gemacht. Dass immer mehr Flüchtlinge traumatisiert in die Schweiz kommen, bekommen hierzulande die Psychiatrischen Kliniken zu spüren. Sie stossen an Kapazitätsgrenzen – wie ein Beispiel aus Basel zeigt.
Roland Vauth ist Chefarzt für Transkulturelle Psychiatrie an den Universitäts-Kliniken in Basel. In letzter Zeit kommen immer mehr Flüchtlinge zu ihm in Behandlung: «Wir haben zunehmend einen höheren Anteil an Menschen, die Flüchtlinge sind und auch mit den spezifischen Problemen kommen. So hat der Anteil von Menschen, die aus Eritrea, aber vor allem auch aus Syrien kommen, in den letzten Monaten stetig zugenommen.»
Wartezeit für Patienten: Acht Wochen
Diese Flüchtlinge aus Syrien und aus Eritrea hätten oft Schreckliches erlebt, das sie nicht richtig verarbeiten können. Sie bräuchten daher Hilfe, betont Vauth: «Foltererfahrungen oder Gewalterfahrungen während der Flucht sind sehr verbreitet. Und natürlich auch Kriegshandlungen.» Viele seien selber mit dem Tod bedroht gewesen oder hätten zusehen müssen, wie Nachbarn, Freunde oder auch nahe Angehörige getötet oder schwer verstümmelt worden seien. «Das sind Ereignisse, die schwere Traumatisierungen setzen können.»
Dass immer mehr Menschen mit Traumatisierungen behandelt werden müssen, stellt für die Psychiatrie in Basel ein Problem dar. Die Wartelisten werden länger und länger: Derzeit müssen Patienten bis zu acht Wochen auf einen Termin warten.
Hilfe der Politik erwünscht
Eigentlich, so sagt Chefarzt Vauth, bräuchte seine Abteilung mehr Personal. Doch dafür fehlt das Geld. Flüchtlinge zu behandeln, ist teuer. Es braucht dafür nicht nur Ärzte, sondern auch Übersetzer.
Die Behandlung von Flüchtlingen reisst für die Universitären Psychiatrischen Kliniken in Basel sogar zusätzliche Löcher ins finanzielle Budget. Deshalb wünscht sich der Mediziner Hilfe aus der Politik: «Ich würde mich sehr freuen, wenn von Seiten der Politik gesehen würde, dass wir hier Ressourcen brauchen, um diesen Andrang angemessen bewältigen zu können.»
Zudem sei es mit dem gegenwärtigen Verrechnungssystem in der Medizin nicht möglich, in diesem Bereich gewinnbringend zu arbeiten. Man müsse auch gesamtgesellschaftliche Leistungen hineinstecken, doch das seien auch Investitionen in die Zukunft.
Therapie als Schritt zur Integration
Eine Investition in die Zukunft deshalb, weil es sich lohne, für die Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen Geld auszugeben.
Der Chefarzt ist nämlich überzeugt: Flüchtlinge, die ihre psychischen Probleme überwinden, würden rascher Deutsch lernen als traumatisierte Flüchtlinge. Und sie würden auch seltener gewalttätig. Eine erfolgreiche Therapie könne daher ein wichtiger Schritt zur Integration sein.