Das Bundesgericht hat zwei Beschwerden von Insassen des Genfer Gefängnisses Champ-Dollon gutgeheissen – wegen ungenügenden Haftbedingungen. Während Monaten hatten die beiden Männer in ihren Zellen weniger als vier Quadratmeter Platz zur Verfügung.
Beim ersten Beschwerdeführer entschied das Bundesgericht, dass die Minimalstandards während 328 Tagen nicht eingehalten worden waren. Dem Mann, der zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, standen zwischen dem 7. Dezember 2013 und dem 19. November 2014 weniger als vier Quadratmeter zur Verfügung.
Verletzung der Europäischen Konvention für Menschenrechte
Das Genfer Kantonsgericht hatte seine Beschwerde abgewiesen. Es begründete den Entscheid damit, dass der Inhaftierte sich nicht für eine Arbeitstätigkeit innerhalb des Gefängnisses angemeldet hatte. Dadurch hätte er seine Zelle häufiger verlassen können.
Diese Begründung lässt das Bundesgericht nicht gelten. Eine Beschäftigung wäre auch bei einem Antrag durch den Verurteilten nicht gewährleistet gewesen. Und auch wenn er hätte arbeiten können, wäre die Zeitspanne in den überbelegten Zellen zu lang gewesen. Die Haftbedingungen verletzten auf alle Fälle die Europäische Konvention für Menschenrechte.
Der zweite Fall betrifft einen zu sechs Jahren Haft verurteilten Mann. Auch bei diesem beurteilte das Bundesgericht die engen Platzverhältnisse als Verstoss gegen die Menschenrechte. Der Mann verbrachte 507 Tage in einer Zelle, in der ihm weniger als vier Quadratmeter Platz zur Verfügung standen.
Faustregel schon 2014 formuliert
Ein erstes Urteil im Zusammenhang mit den ungenügenden Platzverhältnissen im Gefängnis Champ-Dollon hatte das Bundesgericht im Februar 2014 gefällt.
Damals entschieden die Richter in Lausanne im Sinne einer Faustregel, dass einem Häftling mindestens vier Quadratmeter Zellenfläche zur Verfügung stehen müssen.
Entscheidend seien allerdings immer die gesamten Haftumstände. Dazu gehören der Zugang zu medizinischer Versorgung und Sozialberatungen, zum Telefon wie auch sportliche Betätigung und Aufenthalt im Freien.