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Schweiz «Gewinnend im Auftritt – hart in der Sache»

Mit Jacques de Watteville tritt ein profunder Kenner der EU-Mechanismen den Posten des Chefunterhändlers an. Dem langjährigen Top-Diplomaten in Brüssel seien Verhandlungserfolge zuzutrauen, schätzt SRF-Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt.

Jacques de Watteville.
Legende: Jacques de Watteville: Er muss die Strategie des Bundesrats umsetzen. Keystone

Auf den 64-jährigen Jacques de Watteville wartet eine harte Aufgabe. Als Chefunterhändler wird der heutige Staatssekretär für internationale Finanzfragen mit Brüssel unter anderem darüber verhandeln müssen, wie die Schweiz die Zuwanderung steuern kann, ohne das bilaterale Verhältnis in Frage zu stellen. Fragen zum Top-Diplomaten an Bundeshausredaktor Philipp Burkhardt.

SRF News: Ist Jacques de Watteville der richtige Mann?

Philipp Burkhardt: Ich würde sogar von einer Idealbesetzung sprechen. Der derzeitige Staatssekretär für internationale Finanzfragen ist nicht nur ein Top-Diplomat wie aus dem Bilderbuch mit langjähriger Erfahrung. Ihm sind auch die Mechanismen der EU bestens vertraut.

De Watteville war von 1988 bis 1992 zuerst Erster Sekretär und dann Botschaftsrat auf der Schweizer Mission in Brüssel. In dieser Funktion hat er unter anderem die Verhandlungen mit der EU im Dossier Landverkehr betreut, dies im Rahmen des ersten Pakets von bilateralen Verträgen. Dieses Dossier war damals ähnlich anspruchsvoll wie heute das Dossier Personenfreizügigkeit.

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Und auch von seiner Persönlichkeit her traue ich De Watteville Verhandlungserfolge zu: Freundlich und gewinnend im Auftritt, aber hart in der Sache.

De Watteville kommt aus dem Finanz- und nicht aus dem Aussendepartement. Gab es dort keinen valablen Kandidaten?

Auch das EDA hat mit Yves Rossier einen Staatssekretär. Dessen Aufgabe war es bisher auch, die verschiedenen EU-Dossiers zu koordinieren. Der Entscheid des Bundesrats kann denn auch als Misstrauensvotum gegen Rossier gelesen werden. Rossier hat sich immer mehr ins Abseits manövriert, weil er öffentlich wiederholt bezweifelt hat, dass man mit der EU eine Lösung finden kann. Wer nicht an einen Erfolg glaubt, ist natürlich der Falsche, um überhaupt in Verhandlungen zu steigen.

Die EU will ja eigentlich gar nicht verhandeln. Wie erfolgreich kann denn da eine solche Strategie überhaupt sein?

Der Bundesrat setzt alles auf eine Karte. Es ist eine klare Vorwärtsstrategie, die übrigens nicht mit der EU abgesprochen war. Die EU hat denn vor der Sommerpause auch nicht gerade erfreut auf die Ankündigung des Bundesrats reagiert, einen Chefunterhändler einzusetzen. Dies liess Aussenminister Didier Burkhalter heute durchblicken.

Aber es ist nach meiner Einschätzung die einzige erfolgversprechende Strategie. Nur durch die Verbindung aller Dossiers ist ein Durchbruch möglich. Das hat bereits zweimal mit bilateralen Paketen erfolgreich funktioniert. Und nur so kann mit der EU wieder ein gangbarer Weg gefunden werden für eine Zusammenarbeit in der Zukunft.

Bis 2017 muss die SVP-Einwanderungsinitiative umgesetzt sein. Ist dieser klare Zeitrahmen nicht eher ein Handicap für solche Gespräche?

Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga sieht das so, indem sie immer wieder von einem Nachteil spricht. Das kann man aber genau umgekehrt sehen. Die Masseneinwanderungsinitiative sieht klar vor, dass die Zuwanderung ab Februar 2017 so oder so begrenzt wird – auch wenn man sich mit der EU nicht einigt. Das macht Druck auf die EU, mit der Schweiz eine Lösung zu finden. Gäbe es keine solche Deadline, wäre es für die EU ein Leichtes, einfach alles auf die lange Bank zu schieben. So wissen nun alle, dass noch 18 Monate Zeit für die Lösungsfindung bleiben. Und zwar für alle ungelösten Probleme mit der EU, wenn es nach dem Bundesrat geht.

Das Gespräch führte Karin Britsch.

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