Aus sechs mach zwei: Zwar sind nach Angaben der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) alle sechs untersuchten Standorte geeignet für ein Tiefenlager. Am besten erfüllten die Sicherheitsstandards aber nur die beiden Gebiete um den Bözberg und im Zürcher Weinland.
Die atomkritische Schweizerische Energie-Stiftung (SES) Kritisiert den Entscheid als Sparmassnahme. Er sei vermutlich von finanziellen Gründen motiviert, sagt Geschäftsleiter Jürg Buri. «Jeder Standort, den sie weghaben, ist Millionen wert. Insofern ist es ein Sparvorschlag der Nagra.»
Jeder Standort, den sie weghaben, ist Millionen wert. Insofern ist es ein Sparvorschlag der Nagra.
Je weniger Standorte untersucht werden müssen, desto weniger Kosten und desto schneller geht es voran. Ähnlich argumentiert auch der Zürcher Regierungsrat Markus Kägi. «Die drastische Einengung der Anzahl Standortgebiete durch die Nagra kann man in dieser Form zumindest für verfrüht halten», sagt er.
Nagra weist Vorwürfe zurück
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Hat die Nagra zu fest aufs Gas gedrückt? Geschäftsleiter Thomas Ernst wehrt sich gegen diesen Vorwurf. «Die Nagra wäre schlecht beraten, wenn sie das Verfahren irgendwie abkürzen möchte. Das wird nicht funktionieren. Wir können nur Vorschläge unterbreiten, haben aber keinerlei Entscheidungskompetenz.» Die Vorschläge basierten auf rein wissenschaftlichen Kriterien, die Untersuchung sei fundiert.
Buri von der Energie-Stiftung zweifelt: «Die Nagra hat nicht alle sechs Standorte gleich gut untersucht. Insofern kritisieren wir an diesem Vorgehen, dass die Nagra ihre Hausaufgaben zu wenig sorgfältig gemacht hat. Deshalb ist auch diese Vorauswahl zum Scheitern verurteilt.»
In allen sechs Gebieten habe die Nagra den Boden untersucht, insbesondere mit Bohrungen, kontert der Nagra-Chef. Zwar sei der Untersuchungsstand nicht identisch. Aber in allen Gebieten sei der Wissensstand vergleichbar und genügend, um die Einengung vorzunehmen.
Das letzte Wort hat wohl das Volk
Der Vorschlag der Nagra ist nicht definitiv: Ihre Analysen werden nun unter anderem vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) überprüft, Bund und Kantone können Stellung nehmen.
2017 bestimmt der Bundesrat, ob er den Vorschlägen der Nagra zustimmt. Frühestens 2027 fällt er seinen Schlussentscheid – vor einer wahrscheinlichen abschliessenden Volksabstimmung über ein Lager, bei dem wohl die meisten froh sind, wenn sie selber keines haben.
«Das Verfahren wird am Ende scheitern»
Eine Abstimmung, bei der nicht betroffene Kantone unbesorgt zu einem Atommüllager woanders Ja sagen können? «Natürlich», sagt FDP-Nationalrat und Nuklearforum-Vorstandsmitglied Christian Wasserfallen. «Letztlich könnte man sich diese Frage auch beim Gotthard-Tunnel stellen.» Es sei nicht gut, wenn man nur die Standortkantone abstimmen lasse. Deshalb sei eine nationale Abstimmung über eine Frage von nationaler Tragweite auch richtig.
Buri von der Schweizerischen Energie-Stiftung hingegen zweifelt, dass so in der Schweiz überhaupt je ein Tiefenlager ausgehoben wird. Es werde nie möglich sein, einer Region, einem Kanton oder einem Dorf ein solches Lages aufzuzwingen. «Das Verfahren ist auf Überstimmung angelegt und nicht auf Überzeugung. Und daran wird es am Ende scheitern.»