Wer sich politisch betätigt oder für eine Behörde arbeitet, muss manchmal starke Nerven haben. Schmähbriefe, nächtliche Telefonate mit Beschimpfungen oder Gewehrkugeln in Couverts verbunden mit Morddrohungen sind keine Seltenheit. Im Gegenteil: Im letzten Jahr haben Drohungen gegen Magistraten deutlich zugenommen.
Zunahme um gegen 50 Prozent
Wie der Informationsbeauftragte des Bundesamtes für Polizei (Fedpol), Alexander Rechsteiner, gegenüber Radio SRF sagt, habe man 2013 insgesamt 123 Drohungen registriert. «Im letzten Jahr waren es wohl anderthalb Mal so viele», fährt er fort. Die genauen Zahlen würden im Jahresbericht im Mai publiziert.
Eine der Parlamentarierinnen, die 2014 massive Bedrohungen hat erfahren müssen und Anzeige erstattet hat, ist Nationalrätin Margret Kiener Nellen. Die SP-Politikerin erhielt letzten Frühling nach zwei Fernsehauftritten schwerwiegende Drohungen. Der Urheber sei relativ rasch ausfindig gemacht worden, sagt sie. «Mit Strafbefehl der Bundesanwaltschaft konnte der eine Täter rechtskräftig verurteilt werden.»
In den meisten Fällen sind konkrete Äusserungen oder aktuelle Politgeschäfte Anlass für Drohungen, wie Fedpol-Mediensprecher Rechsteiner feststellt. Doch in Form und Inhalt seien die Drohungen sehr unterschiedlich.
Bundesrichter tätlich angegriffen
Das Bundesgericht fordert nun, dass etwas gegen die Zunahme der Drohungen unternommen wird. Nach einem tätlichen Angriff auf einen Bundesrichter hat sich das höchste Gericht an die Geschäftsprüfungskommissionen GPK des Parlaments gewandt, wie der Präsident der nationalrätlichen GPK, Rudolf Joder (SVP/BE), bestätigt.
Konkret regte das Bundesgericht an, gewisse Straftatbestände gegen Magistratspersonen als Offizialdelikte auszugestalten. So müssten die Betroffenen nicht mehr selber klagen, wenn sie bedroht werden. «Wir haben diese Thematik mit dem Bundesgericht besprochen, anschliessend hat die GPK vom Bundesrat eine Stellungnahme dazu verlangt», so Joder.
Bundesrat plant Massnahmen
Die GPK habe den Bericht des Bundesrats alsdann analysiert und festgestellt, dass für die Geschäftsprüfungskommission als Aufsichtsbehörde kein unmittelbarer Handlungsbedarf bestehe. «Der Bundesrat ist aber daran, Massnahmen einzuleiten, die inhaltlich jedoch noch nicht bekannt sind», betont Joder.
Mit anderen Worten: Der Bundesrat ist nicht mehr länger bereit, die deutliche Zunahme der Drohungen einfach hinzunehmen. Er will jetzt dagegen vorgehen.