Höhere Trassepreise und gestiegene Unterhaltskosten seien der Grund für das schlechte Halbjahresergebnis des Bahnriesen, sagte Andreas Meyer am 18. September. Die investierten 70 Millionen Franken für Instandstellung und Infrastruktur reichen offenbar aber nicht aus.
Schon im August hatte die Führungsriege daher beim Bund schriftlich für Geld angefragt. Im Bundesamt für Verkehr (BAV) war man offensichtlich ziemlich erstaunt über das Schreiben.
«Wir waren überrascht, da im aktuellen Netzzustandsbericht, den uns die SBB im April zustellte, noch keine Hinweise zu finden waren, dass im Unterhalt der Fahrbahn gravierende Probleme bestünden», sagt BAV-Sprecher Gregor Saladin.
Im Antwortschreiben verlangt nun das BAV zusätzliche Auskünfte von SBB-CEO Andreas Meyer über den tatsächlichen Zustand des Schienennetzes. In dem Brief schreibt das BAV weiter, dass die Ursache der Schäden noch zu wenig klar sei. Gleiches gelte für die zu ergreifenden Massnahmen und allfällige finanzielle Folgen.
SBB-Sprecher Christian Ginsig wollte sich zum Inhalt des Briefes nicht äussern. Die SBB habe zwar schon seit Längerem vermutet, dass das Schienennetz in einem schlechteren Zustand sei als bisher angenommen. Definitive Klarheit habe man aber erst nach Herausgabe des letzten Netzzustandsberichts gehabt.
Neues Messgerät zeigte bisher unbekannte Schäden
Tests mit einem neuen Ultraschall-Messfahrzeug hatten Mängel aufgezeigt. Mit dem Messzug können auch Risse und Verhärtungen im Innern der Schiene entdeckt werden, was mit früheren Diagnosegeräten nicht möglich war. Zusätzlich spiele die starke Netzbelastung eine Rolle. Auch sie fördere die Abnutzung der Geleise.
Schon im Nachgang zum Zugunglück von im Waadtland im Juli dieses Jahres wies der Bahnexperte Sepp Moser auf den Pendenzenberg im Bereich Infrastruktur und Unterhalt hin. Den Investitionsbedarf bezifferte er in der Sendung «10vor10» auf mehr als 1,8 Milliarden Franken.
Keine zusätzlichen Millionen
Vom BAV kann die SBB keinen finanziellen Zustupf an das sanierungsbedürftige Schienennetz erwarten, zumindest nicht für das nächste Jahr. Als mögliche Quelle gebe es aber den Fernverkehr.
«Der SBB-Fernverkehr ist dagegen hoch profitabel», sagt BAV-Sprecher Gregor Saladin. Von daher sei es eine Überlegung wert, die fehlenden Mittel in der Infrastruktur über höhere Abgaben beim Fernverkehr zu decken. Trotz dem Finanzbedarf sollen die Billettpreise aber nicht erhöht werden.
Saladin gibt jedoch zu Bedenken, dass die Entscheidung darüber, wie viel Gewinn der SBB-Fernverkehr machen dürfe, eine politische sei. Die Höhe des Gewinns werde vom Bundesrat in den strategischen Zielen für die SBB definiert.