Über 20'000 Menschen ersuchten letztes Jahr um Asyl in der Schweiz, 1700 waren es alleine im letzten Monat. 80 Prozent von ihnen sind laut dem Bundesamt für Polizei (fedpol) für ihre Reise auf Schlepper angewiesen. Auf Personen, die sie in Bussen über die Grenze fahren, ihnen Bahnbillette, Flugtickets oder gefälschte Pässe beschaffen.
Falsche Dokumente würden im Geschäft der Schlepper und ihrer Hintermänner immer wichtiger, erklärt Boris Mesaric vom fedpol: «Es lohnt sich für sie, auf die Dokumentenfälschung auszuweichen, weil die Kontrollen an den Grenzen immer strenger werden, und die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie an der Grenze gefasst werden.»
Drahtzieher operieren von der Schweiz aus
Eines der wichtigsten Herkunftsländer von Schleppern ebenso wie von Flüchtlingen sei der Kosovo. Just dort wurden im Laufe der letzten Jahre mehrere grössere Fälscherwerkstätten ausgehoben. Doch das reiche im Kampf gegen den Menschenschmuggel nicht aus. Die Schweiz habe Schlepper bislang zu wenig bekämpft, stellt das fedpol in seinem Bericht fest.
So konnten sich hier ganze Netzwerke bilden – Schlepper, die nicht nur die Einreise in die Schweiz, sondern auch in Drittländer organisieren. Kommt hinzu: Wo Schleppen zum grossen Geschäft werde, stiegen nicht zuletzt auch die Asylzahlen, so Mesaric. «Wir sind der Ansicht, dass es besser ist, der illegalen Migration den Teppich unter den Füssen wegzuziehen, als über neue Asylzentren in den Gemeinden zu diskutieren.»
Schleppertätigkeit nicht zwingend verwerflich
Beat Meiner von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ruft zu einer differenzierten Sichtweise auf. Ohne die Hilfe von Schleppern könnten Asylsuchende gar nie aus ihrer Not flüchten, sagt er. «Flüchtlinge sind zwingend auf die Dienste von Schleppern angewiesen. Sie brauchen Personen, die über die nötigen Transportmittel und Reisepapiere verfügen, die ortskundig sind und sie sicher durch unbekanntes und oft gefährliches Gebiet führen.»
Zu bekämpfen seien in erster Linie jene Schlepper, die ihre Kundschaft ausbeuten, und deren Hintermänner. Aber Schlepper übten nicht zwingend eine verwerfliche Tätigkeit aus, so Meiner. «Aktuell gibt es zum Beispiel Leute im Tessin, die zum Bahnhof nach Mailand fahren, wo sehr viele syrische Flüchtlinge festsitzen und auf eine Möglichkeit warten, weiter nach Norden zu gelangen. Es gibt Leute, die diesen Menschen aus humanitären Gründen helfen, damit sie ihre Reise fortsetzen können.»
Profitieren von der Not der Flüchtlinge
Mesaric hält dagegen: «Wir sehen vor allem, dass Schlepper aus der Not von Menschen einen sehr grossen Profit machen.» Das fedpol will den Kampf gegen sie aufnehmen und schlägt in seinem Bericht konkrete Massnahmen vor. So brauche es geschulte Spezialisten auf dem Gebiet, Kriminalpolizisten müssten eigene Ermittlungsgruppen bilden, die Hinweisen auf Schlepperbanden konsequent nachgingen. Denn noch würden Schlepper viel zu selten bestraft: Gerade einmal 20 Personen wurden 2012 wegen gewerbsmässigen Menschenschmuggels verurteilt.