Für Simonetta Sommaruga sind beim Thema Zuwanderung auch die Unternehmen stärker gefragt. Wenn sich bei den Arbeitgebern ein Bewusstsein dafür etabliere, «dass man bei offenen Stellen zuerst nach geeigneten Mitarbeitern im Inland sucht, kann das die Zuwanderung reduzieren», sagte die Justizministerin der «NZZ am Sonntag».
«EU-Entgegenkommen unrealistisch»
Der Vorschlag sieht einen Inländervorrang vor, mit dem offene Stellen zunächst bei den Arbeitsämtern gemeldet werden. Im Interview bejaht Sommaruga zudem, dass der Umsetzungsplan kompatibel ist mit dem Freizügigkeitsabkommen. Dennoch verteidigt sie, dass der Bundesrat mit der EU im Gespräch um eine einvernehmliche Lösung bleiben will. Das habe der Bundesrat immer angestrebt.
Allerdings sei ein «starkes Entgegenkommen» der EU angesichts des Brexit-Votums «unrealistisch» geworden, sagte sie.
Rahmenabkommen «zurzeit chancenlos»
In die Offensive geht Sommaruga bezüglich der Verknüpfung, welche die EU zwischen den Gesprächen um die Personenfreizügigkeit und einem institutionellen Abkommen hergestellt hat. Für «gute und stabile Beziehungen zur EU» wird es laut Sommaruga zwar eines Tages ein Rahmenabkommen brauchen. «Was wir hingegen nicht akzeptieren können, ist eine rechtliche Verknüpfung der Dossiers.»
Ein Rahmenabkommen sei in der Schweiz zurzeit chancenlos. «Aber es gibt in Brüssel immer noch Leute, die darauf beharren und nicht verstehen, dass bei uns die Bevölkerung die letzte Entscheidung trifft.» Die Verknüpfung sei auch nicht im Interesse der EU: «Eine gescheiterte Abstimmung nützt nämlich niemandem.» Es wäre gut, wenn es bald eine Klärung gäbe, sagte die Berner SP-Politikerin weiter.
Die Verhandlungen über ein Rahmenabkommen waren am Freitag Thema an den Von-Wattenwyl-Gesprächen zwischen dem Bundesrat und den Parteispitzen. Der Bundesrat teilte dazu mit, die Verhandlungen würden nur abgeschlossen, wenn er überzeugt sei, dass ein gutes Resultat vorliege. Zudem würden sich das Parlament und gegebenenfalls das Volk zum Abkommen äussern können.
Schneider-Ammann hofft
Als «interessant» bezeichnet Bundespräsident Johann Schneider-Ammann die «Stossrichtung der Kommission» zur SVP-Initiative. «Das mehrstufige Vorgehen verfolgt den Verfassungsauftrag zur Steuerung der Zuwanderung, ohne das Freizügigkeitsabkommen zu verletzen», sagte er der «SonntagsZeitung». Er hoffe, dass so die Einwanderung wesentlich verringert werden könne.
Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats verabschiedete am Freitag ihren Vorschlag, der nun im Plenum beraten wird. Da weder Kontingente noch Höchstzahlen enthalten sind, wird der Verfassungstext nicht wortgetreu umgesetzt. Allerdings dürften auch die bilateralen Verträge mit der EU eingehalten werden. Die SVP kündigte ihren Widerstand gegen den Plan an.