Vor Bundesstrafgericht stehen seit Montag zwei Brüder im Alter von 35 und 28 Jahren. Sie hatten als irakische Flüchtlinge in der Schweiz Asyl erhalten und wohnten in Basel. Der Hauptbeschuldigte ist ein kräftiger, dunkel gekleideter Mann, seine Frau im Zuschauerraum ist schwarz gekleidet und trägt Schleier. Der Übersetzer blieb aus Sicherheitsründen anonym und war aus einem versteckten Raum zu hören.
Der Hauptangeklagte schilderte, wie der damalige Schweizer Geheimdienst DAP versucht hatte, ihn anzuwerben. Er erklärte, der DAP habe seine Familie im Nordirak verraten, wo Familienangehörige diffus bedroht worden seien. Er behauptete, dass Befragungen in der Schweiz vergleichbar seien mit jenen in Guantánamo oder Abu Ghraib.
Alle früheren Aussagen widerrufen
Eine Stunde lang hatte das Gericht Geduld. Dann sagte der vorsitzende Richter, der Hauptbeschuldigte solle sich ausschliesslich zu selbst Erlebtem äussern. Darauf brach dieser seine Aussage ab. «Ich beantworte die Fragen nicht», entgegnete er fortan lakonisch. Er widerrief alle Aussagen, die er zu früheren Zeitpunkten gemacht hatte.
Gemäss Anklageschrift gehörte der Hauptbeschuldigte zur innersten Führung einer geheimen Organisation, die ihrerseits Teil des Al-Kaida-Netzwerks gewesen sein soll. Der Hauptbeschuldigte soll Beiträge direkt von bewaffneten Organisationen des Netzwerks erhalten und im Internet verbreitet haben.
Von Basel aus wurde gemäss Anklage Al-Kaida-Hasspropaganda gestreut in Internetplattformen, Chaträumen und einem Internet-TV-Kanal. Ebenso Bekennerschreiben, Videos, in denen wehrlose Opfer hingerichtet werden, Kampfszenen, Propagandamaterial und Attentate.
Das Internet als Waffe
Der jüngere Bruder des Hauptbeschuldigten war ebenfalls Moderator und Administrator der Webseiten. Die Berichte über Greueltaten bejubelte er, schwor Rache und forderte Folterstrafen für seine Feinde. Auch er verweigerte heute die Aussage. Und er mochte auch nicht bestätigen, dass Dateien mit Gewaltdarstellungen auf seinem Notebook abgespeichert waren.
Das Internet ist eine Waffe – das hat das Bundesstrafgericht schon vor sieben Jahren entschieden. Ein Urteil, das die Anklage von heute prägte. Auch damals ging es um von der Schweiz aus organisierte Terrorpropaganda im Internet. Das Internet dient der Al-Kaida als Mittel zur Anstiftung zu Anschlägen, als Plattform zur Rekrutierung von neuen Anhängern, zur Planung von Anschlägen, zur Ausbildung und Unterweisung.
Rückendeckung für den Geheimdienst
Am Nachmittag begann die Staatsanwältin des Bundes, Maria Schnebli, mit ihrem Plädoyer. Sie dementierte Druckversuche und Verrat beim Schweizer Geheimdienst. Über Jahre hinweg sei von der Schweiz aus der Heilige Krieg der Islamisten gefördert worden. Mullah Krekar, der Anführer der beiden Beschuldigten, habe diese zu den Stammleuten gezählt.
Und sie drohten mit einem Bombenattentat auf die Schweizer Botschaft in Teheran. Sprengsätze seien vorbereitet. Über die Leichen der Attentäter führe der Weg ins Paradies. Die Al-Kaida sei ein Konzern. Die Organisation in der Schweiz eine Tochtergesellschaft, die Support organisiert habe, sagte Schnebli.
Die grösste Gefahr in der Schweiz sei die Radikalisierung von Individuen via Internet. Die Schweiz habe ein Dschihadisten-Problem, betonte Schnebli. Das jetzige Verfahren sei ein wichtiger Schritt zur Lösung dieses Problems.