Viele Migranten kommen derzeit per Zug aus Italien in die Schweiz. Einige verstecken sich unter Sitzen oder auf der Toilette. Pascal Fiscalini, Zugbegleiter und Vizepräsident der Zugpersonalgewerkschaft ZPV, hat solche Situationen auch schon erlebt. Es dauere oft mehrere Minuten, eine Person aus der Toilette zu holen. «Verspätungen sind durch die Kontrollen fast vorprogrammiert.» Eine Grenzkontrolle verursache eine zusätzliche Verspätung von fünf bis zehn Minuten.
Dass Grenzkontrollen zu mehr Verspätungen führen, bestätigt Stefan Füglistaller, Verkehrsplaner bei der SBB. Dies stelle ein Problem bei der Fahrplanplanung dar: «Das ist eine sehr grosse Herausforderung und wird erschwert durch die heutige Migrationslage und intensivere Grenzkontrollen.» Im letzten Jahr betraf das Problem häufig Züge aus Österreich, da viele Migranten damals über die Balkanroute anreisten.
Verspätung in Chiasso
Die SBB will die Aussagen ihrer Angestellten nicht bestätigen. Sie hält schriftlich fest: «Punktuell führen Kontrollen zu Verspätungen, die Hauptursache ist aber klar auf die Bautätigkeiten und die Fahrzeugverfügbarkeit zurückzuführen.» Ein Blick auf die Verspätungsmeldungen der letzten Tage zeigt jedoch: Oft erhalten Eurocity-Züge aus Mailand in Chiasso zusätzliche Verspätung. Aus drei Minuten bei der Ankunft werden sieben Minuten bei der Abfahrt, aus fünf werden zwölf.
Fiscalini schlägt deshalb vor, die Kontrollen künftig im fahrenden Zug durchzuführen statt am Bahnhof Chiasso. «Für uns wäre es wünschenswert, wenn das Grenzwachtkorps mitfahren würde, um diese Verspätungen zu vermeiden.»
Das Grenzwachtkorps will sich zu diesem Vorschlag «aus einsatztaktischen Gründen» nicht äussern. Es weist darauf hin, dass man mit der SBB in sehr engem Kontakt stehe. Die SBB bestätigt dies. Für die Passagiere ist die Verspätung in jedem Fall ärgerlich – egal, ob sie durch eine Baustelle, eine Zugpanne oder eine Grenzkontrolle verursacht worden ist.