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Werbung und Coronapandemie heizen Online-Spielsucht weiter an
Aus Kassensturz vom 23.03.2021.
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Schweiz Werbung und Coronapandemie heizen Online-Spielsucht weiter an

Schweizer Online-Casinos dürfen seit 2019 werben. Suchtexperten warnen vor mehr Spielsüchtigen, auch wegen Corona.

Ihre ersten Einsätze waren gering. Doch nach kurzer Zeit waren sie im Sog der Online-Geldspiele. Ex-Spielsüchtige, die anonym bleiben wollen, erzählen «Kassensturz»: «Am Anfang wollte ich noch mehr gewinnen. Als ich aber immer mehr verlor, spielte ich weiter, um das Geld wieder reinzuholen.» Daran erinnert sich auch ein anderer ehemaliger Spielsüchtiger: «Ich merkte, jetzt verliere ich nur noch. Ich hatte Existenzängste, auch Selbstmordgedanken. Ich konnte nicht mehr.»

Stellungnahme Schweizer Casino-Verband

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Der Schweizer Casino-Verband rechtfertigt den grossen Werbeeinsatz. Schweizer Online-Casinos hätten strengere Regeln als ausländische. Er schreibt «Kassensturz»: «Die Werbung für Schweizer Online-Casinos unterliegt weitgehenden Einschränkungen. Es ist das Ziel des Geldspielgesetzes, Spielende von den illegalen ausländischen zu den legalen und kontrollierten Schweizer Online-Casinos zu holen. Diese gewährleisten einen wirksamen Schutz vor Spielsucht.»

Risiko Online-Casino

Die Coronapandemie treibt immer mehr Menschen in die Spielsucht. Diese Erfahrung macht auch Franz Eidenbenz, Behandlungsleiter im Zentrum für Spielsucht Radix in Zürich: «Wir sind ausgelastet und haben Wartelisten.» Viele Spielsüchtige haben mehrere zehntausend Franken Schulden, bis sie sich Hilfe holen.

Rund drei Prozent der Schweizer Bevölkerung – knapp 200’000 Menschen – zeigen gemäss der letzten Gesundheitsbefragung des Bundes von 2017 ein risikoreiches oder krankhaftes Glücksspielverhalten. Das Risiko, bei Online-Spielen süchtig zu werden, ist gemäss Studien um ein Vielfaches höher als in realen Casinos. Die Gründe: Die Anonymität, permanente Verfügbarkeit und die Möglichkeit, in mehreren Online-Casinos gleichzeitig zu spielen.

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Renanto Poespodihardjo, Uniklinik Basel: «Solche Casino-Werbungen sind hochproblematisch.»
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Massive Werbeoffensive

Ob im TV, Internet, als Online-Artikel getarnt oder auf Plakaten: Stets lockt die Online-Geldspielwerbung mit Boni und schnellen Gewinnen. Einschränkungen für Schweizer Casino-Werbung gibt es kaum. Das Geldspielgesetz von 2019 schreibt vor: «Veranstalterinnen von Geldspielen dürfen nicht in aufdringlicher oder irreführender Weise Werbung betreiben.»

Casino-Werbung im TV

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Neben der Internetwerbung haben Online-Casinos vor allem in TV-Werbung investiert. Die jährliche Werbepräsenz stieg von 6,2 Millionen im Jahr 2019 auf 17,8 Millionen Franken im Jahr 2020, ohne Berücksichtigung von Rabatten. Online-Casinos schalten ihre Werbung auf Schweizer Werbefenstern von privaten deutschen Sendern, aber auch auf SRG-Kanälen.

Nur in seltenen Fällen definiere die SRG zusätzliche Richtlinien zur Ausstrahlung von TV-Werbung, erklärt Thomas Pittino, Leiter Vermarktung bei SRF: «Bei Online-Casinos haben wir darauf verzichtet, da das Gesetz seit 2019 klare Vorgaben zur Werbung macht. Bis anhin sind wir von Suchtexpertinnen und Suchtexperten nicht kontaktiert worden, stehen aber für einen zukünftigen Austausch sehr gerne zur Verfügung.»

Zu schwammig sei das geltende Gesetz formuliert, kritisiert Verhaltenssuchtexperte Renanto Poespodihardjo von den psychiatrischen Universitätskliniken Basel. Viele Online-Casino-Werbungen würden genau auf Spielsuchtgefährdete abzielen. Der Psychologe warnt: «Das ist hochproblematisch.»

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Renanto Poespodihardjo, Uniklinik Basel: «Das Problem ist, dass die Werbung für Online-Geldspiele nicht geregelt ist.»
Aus Kassensturz vom 23.03.2021.
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Zunahme seit Pandemiebeginn

Zahlen zeigen: Die Werbepräsenz Schweizer Online-Casinos hat ausgerechnet mit dem Pandemie-Beginn stark zugenommen: Die durchschnittliche monatliche Werbepräsenz der Schweizer Online-Casinos hat sich mehr als verdoppelt: Von 0,9 Millionen Franken im Jahr 2019 ist sie auf 2,1 Millionen im Jahr 2020 angestiegen – ohne Berücksichtigung möglicher Rabatte.

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Suchtexperte Franz Eidenbenz: «Die Sperrung der User löst das Problem nicht.»
Aus Kassensturz vom 23.03.2021.
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Spielsperre nützt zu wenig

Betroffene kritisieren: Der Spielerschutz sei auch bei Schweizer Online-Casinos unzureichend: «Von den Casinos kam gar nichts. Ich habe mich selbst sperren lassen», so ein ehemaliger Spielsüchtiger. Die Spielsperre allein schütze zu wenig, hält Therapeut Franz Eidenbenz fest: «Je nachdem spielen die Betroffenen dann an einem anderen Ort weiter.»

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Studiogespräch mit Hans Jörg Znoj, Eidgenössische Spielbankenkommission
Aus Kassensturz vom 23.03.2021.
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Für Verhaltenssuchtexperte Renanto Poespodihardjo ist klar, dass Werbung für Online-Casinos so nicht mehr länger erlaubt sein sollte. «Wir haben hier ein psychoaktives Produkt, das Geldspiel. Die Werbung müsste genau wie Alkohol oder Tabak auch reguliert werden. Sowohl inhaltlich, bei der Menge und betreffend Platzierung.»

Hier finden Sie Hilfe in der Coronazeit

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Corona beschäftigt uns alle. Unten finden Sie eine Liste mit Hotlines und Ratgebern rund um Corona.

BAG Infoline Coronavirus: 058 463 00 00 (täglich 6 bis 23 Uhr)

BAG Infoline Corona-Impfung: 058 377 88 92 (täglich 6 bis 23 Uhr)

Dureschnufe: Plattform für psychische Gesundheit rund um das neue Coronavirus

Angst und Panikhilfe Schweiz, Hotline: 0848 801 109 (10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr)

Eltern-Notruf Schweiz, Hotline: 0848 35 45 55 (24x7)

Pro Juventute, Hotline für Kinder- und Jugendliche: 147 (24x7)

Schweizer Sorgen-Telefon: 143 (24x7)

Suchthilfe Schweiz: Hotline für Jugendliche im Lockdown 0800 104 104 (Di. bis Do. 9 bis 12 Uhr)

Branchenhilfe.ch: Ratgeberportal für Corona betroffene Wirtschaftszweige

Kassensturz, 23.03.2021, 21:05 Uhr

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