Die Hotelier-Dynastie Hilton hat fast ein Jahrhundert gebraucht, bis sie schliesslich 600'000 Zimmer in 88 Ländern anbieten konnte. Die Internet-Plattform Airbnb gibt es gerade mal vier Jahre – und sie wartet schon jetzt mit 650'000 Zimmern in 192 Ländern auf. Tausende davon stehen in der Schweiz.
Und mit ihnen seien ernste Probleme aufgetaucht, sagt Cipriano Alvarez vom Bundesamt für Wohnungswesen. Zum Beispiel dieses: In den Städten vermieten Hauseigentümer seit kurzem ganze Mehrfamilienhäuser über Airbnb an Touristen statt an Einheimische.
Lukratives Geschäft für Mieter
Das sei ein neues Phänomen, sagt Alvarez: «Wenn plötzlich ganze Liegenschaften über diese Plattform angeboten werden, ist das gerade in Städten mit Wohnungsnot einschneidend.» Vor allem In Zürich und Genf, wo es ohnehin schon zu wenige Wohnungen gibt, vergrössere Airbnb die Not.
Gleichzeitig verdienen Hauseigentümer das grosse Geld; etwa in Basel, wenn sie während der internationalen Messen vermieten: «Ein Mieter kann so unter Umständen zwei Wochen in die Ferien gehen und während dieser Zeit den ganzen Jahresmietzins einkassieren. Das kann es natürlich nicht sein», findet Alvarez.
Airbnb als Bedrohung für Tourismusbranche
Auch in den touristischen Regionen auf dem Land gibt es Schwierigkeiten. So klagen Hoteliers und Vermieter von Ferienwohnungen, die Gäste gingen lieber zu Airbnb als zu ihnen. Ausserdem bezahlen die Mieter von Airbnb-Wohnungen oft keine Tourismusabgabe – anders als für Hotelgäste ist für sie die Infrastruktur des Ferienorts also gratis.
Das ist aber nicht alles: Mit der Ausschreibung eines Zimmers auf der Internet-Plattform lässt sich zudem die Zweitwohnungsinitiative umgehen. Eigentlich sollte es dank ihr weniger leerstehende Zweitwohnungen geben. Nun aber werden Wohnungen, die Menschen laut Gesetz das ganze Jahr über bewohnen müssten, immer öfter auf Airbnb ausgeschrieben.
Auch das gehe nicht, findet der Bundesbeamte: «Das sind dann eben Touristen, bei denen man sicher nicht von Hauptwohnsitz sprechen kann.» Es entstehen sozusagen versteckte Zweitwohnsitze. Alvarez will nun prüfen, ob der Bund etwas gegen solche Tricksereien unternehmen kann. Und er will noch mehr: «Es braucht gewisse Neuregelungen, sonst läuft das Ganze aus dem Ruder.»
Es wäre das erste Mal, dass der Bund eingreift. Bisher ist die Schweiz sehr liberal umgegangen mit Airbnb. Nun sagt Alvarez, der Bund könnte Airbnb sogar ganz verbieten, allerdings sei das etwas übertrieben. Auch im Ausland wurde die Plattform bereits eingeschränkt, so beispielsweise in Berlin.
Der Bund macht mobil
Denkbar wäre hingegen, dass der Bund den Vermietern von Airbnb-Wohnungen vorschreiben könnte, wie lange sie ihre Liegenschaft mindestens vermieten müssen. Und er könnte festlegen, wie viel Gewinn sie mit dem Vermieten höchstens machen dürfen. Das könne der Bund durchaus machen, sagt Alvarez: «Und wir prüfen zurzeit, ob Handlungsbedarf besteht.»
Dass der Bund gerade jetzt handelt, ist kein Zufall. 2015 haben einige Mieter und Vermieter erstmals wegen Airbnb die Schlichtungsbehörden in Mietsachen angerufen, im Moment sind dort etwa 20 Streitfälle hängig. Der wichtigste Grund für Zoff: Ein Mieter hat seinem Vermieter nicht gesagt, dass er seine Wohnung auf Airbnb an Touristen vermietet. Nun hat ihm der Vermieter deswegen gekündigt.
In einem anderen Fall sind sich Mieter und Vermieter in die Haare geraten, weil der Vermieter Airbnb in seinen eigenen vier Wänden verbieten will – etwa damit nicht eine ständig wechselnde Mieterschaft die Nachbarn stört. Viele der Streitfälle dürften vor dem Richter enden. Noch dieses Jahr erwartet Alvarez erste Urteile zu Airbnb. Danach kann der Bund loslegen mit strengeren Regeln für die Internet-Plattform.