Seit Montag gibt es auch im Aargau sechs Primarschulklassen. Bis jetzt begann schon nach der fünften Klasse die Sekundarstufe. In diesem Punkt hat sich der Aargau den andern Kantonen angepasst. Aber jetzt ist vorläufig Schluss mit Schulreformen.
Auch die Einführung des Deutschschweizer Lehrplans 21 verschiebt die Aargauer Regierung bis ins Jahr 2020. Das sei ihr gutes Recht, sagt dazu Nicole Wespi von der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz. «Das ist die Sache jedes einzelnen Kantons. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.»
«Ich merke ein allgemeines Unbehagen»
Möglicherweise doch. Denn hinter dem Aargauer Entscheid scheint mehr zu stecken, als bloss das Bedürfnis der Regierung nach etwas mehr Ruhe im Bildungssystem. Der altgediente konservative Aargauer Bildungspolitiker Bruno Nüsperli stellt jedenfalls ein grundsätzliches Unbehagen gegen den kantonsübergreifenden Lehrplan fest. «Ich merke, wie das Bewusstsein breiter Kreise sich gegen diesen Lehrplan stellt», sagt er.
Wobei die verschiedenen Kreise unterschiedliche Aspekte kritisieren: Die einen stören sich daran, dass für die Schulkinder umfangreiche Kompetenzziele festgelegt werden, statt die Wissensvermittlung zu betonen. Andere sind gegen zwei Fremdsprachen auf der Primarschulstufe oder vermuten ideologische Beeinflussungsversuche in heiklen Bereichen wie der Sexualerziehung.
«Lehrplan 21»: Wille des Volkes
Bis Ende Jahr werde der Lehrplan ja noch überarbeitet, sagt dazu SP-Politiker Mathias Aebischer, Präsident der nationalrätlichen Bildungskommission. Grundsätzlich aber habe vor acht Jahren das Stimmvolk einer Harmonisierung des schweizerischen Bildungswesens mit einer überwältigenden Mehrheit zugestimmt. «Der Lehrplan 21 ist das Instrument der Harmonisierung, er ist zwingend», so Aebischer. Ansonsten entspreche das nicht der Verfassung und vor allem nicht dem Willen der Stimmbürger.
Diese werden wohl aber in verschiedenen Kantonen noch einmal gefragt werden. In Baselland und in St. Gallen sind die Unterschriften für entsprechende Initiativen bereits beisammen. Im Thurgau und in Graubünden laufen Vorbereitungen genau gleich wie im Aargau. Dort stellen Bruno Nüsperli und seine Gesinnungsfreunde nächste Woche eine Initiative vor. Damit wollen sie den Lehrplan 21 nicht nur verschieben, sondern gleich versenken.