Die Organisatoren des nationalen Asylsymposiums rund um die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) und den UNHCR haben ein Leitthema definiert: Beteiligung. Vor allem die Beteiligung der Betroffenen, der Geflüchteten. Maryam Sediqi, Mitgründerin der Vereinigung afghanischer Frauen in der Schweiz, sagt: «Das Prinzip ‹Nichts über uns ohne uns› muss unser Leitbild sein. Ich stehe hier vor Ihnen als Beispiel dafür, was möglich ist, wenn wir zusammenarbeiten und Brücken bauen, statt Barrieren zu errichten.»
Auch die Flüchtlingsorganisationen haben auf stabile Brücken in die Politik gehofft. Mit dem neuen SP-Bundesrat Beat Jans an der Spitze des zuständigen Departements hatten viele am Symposium einen Verbündeten erwartet. Jetzt sehen einige den Zugang zu fairen Asylverfahren in Gefahr. «Ich weiss, dass manche von ihnen daran zweifeln, ob ich dieses Ziel angesichts der jüngsten Ankündigungen und Massnahmen im Asylbereich wirklich teile», antwortet Jans.
Die Ausdehnung der 24-Stunden-Expressverfahren für Asylsuchende aus dem Maghreb, die mögliche Schliessung von Asylzentren übers Wochenende – das alles hat Erstaunen ausgelöst. Am Mittwoch erst hat der Bundesrat entschieden: In Zukunft sollen die Handys von Geflüchteten ausgewertet werden können, um Identität und Fluchtgeschichte zu überprüfen.
Beat Jans sagt: «Politik ist nun mal die Kunst des Machbaren. Und zudem werden die politischen Weichen in der Schweiz vom Parlament und der Bevölkerung gestellt. Meine Chefin ist schlussendlich die Bevölkerung.»
Wenn das Asylsystem glaubwürdig bleiben soll, braucht es klare Kante gegen Missbräuche, so Jans’ Argument. Das sagt auch Jans’ Staatssekretärin, die für das Dossier zuständig ist, Christine Schraner-Burgener. Und dazu gehören in bestimmten Fällen auch Massnahmen wie das 24-Stunden-Verfahren.
Die Mission von Beat Jans und dem zuständigen Staatssekretariat – Verständnis schaffen – gelingt nur zum Teil. Die Direktorin der Flüchtlingshilfe, Miriam Behrens, sagt: «Ich kann nachvollziehen, dass er unter Druck steht. Aber die Flüchtlingscommunity ist natürlich nicht begeistert über diese Gangart.»
Und auch das UNO-Hochkommissariat schaue genau hin, sagt Anja Klug, die Leiterin des UNHCR-Büros für die Schweiz. Man schaue, ob mit den neuen Verfahren wirklich noch alle eine Chance auf Schutz in der Schweiz hätten, die das nötig haben. Noch sei alles in Ordnung.
Zu wenig Einbindung der Flüchtlingsorganisationen
Kritisiert wird Jans am Symposium auch dafür, dass er die Flüchtlingsorganisationen vor seinen jüngsten Entscheiden zu wenig einbezogen und angehört habe. Maryam Sediqi von der Vereinigung afghanischer Frauen in der Schweiz fordert, «dass man die Stimmen und die Perspektiven hört, dass man zusammen eine Lösung findet, auch wenn man nicht eine perfekte Lösung findet. Aber man hat sich trotzdem Mühe gegeben.»
Die Flüchtlingsorganisationen wären eingebunden und abgeholt. Mit ihren Einwürfen erinnern diese Bundesrat Jans auch an die Einhaltung seines eigenen Leitspruchs. «Zäme goht’s besser» hatte Bundesrat Jans nach 100 Tagen im Amt als Leitspruch ausgerufen. Der bürgerlichen Mehrheit im Bundeshaus, seiner Partei, der SP, und den Flüchtlingsorganisationen «zäme» kann er allerdings kaum gerecht werden.