Ausgerechnet Masken verteilt Leroy Bächtold beim Unterschriftensammeln am Zürcher Bellevue. Dabei richtet sich seine Petition gegen diverse Shutdown-Massnahmen. «Wir sind nicht gegen alle Massnahmen», sagt der 25-jährige Jungfreisinnige, «aber für die Aufhebung der Schliessung von Restaurants, Freizeit- und Sportanlagen. Und für die Öffnung aller Einkaufsläden. Und für die Zulassung von Events mit Schutzkonzepten».
Innert weniger Wochen haben Bächtold und sein Team 100'000 Unterschriften gesammelt – vor allem online. Die Petitionäre wollen beim Bundesrat so eine starke Stimme hinterlegen, damit die Öffnung möglichst schnell erfolgt. Denn rechtlich bindend ist eine Petition nicht, der Bundesrat kann sie zur Kenntnis nehmen oder auch nicht.
Auch ein Zeichen setzen wollten rund 800 Demonstranten und Demonstrantinnen vergangenen Samstag in Zug. In weissen Overalls marschierten sie friedlich durch die Stadt mit einem gemeinsamen Gefühl: Es ist genug mit den Massnahmen. Stoppt die Corona-Politik. Viele Teilnehmer haben Angst vor einem Jobverlust oder den Job bereits verloren. Ziel der Petition und der Demonstration: Der Bundesrat soll an seiner nächsten Sitzung den Corona-Shutdown nicht verlängern, sondern einstellen.
Eine eigene Protestform hat sich der Geschäftsinhaber Roland Jenny in Rapperswil buchstäblich ins Schaufenster gestellt: Die Schaufensterpuppen seines Kleidergeschäftes hat er als Corona-Demonstranten ausgestattet, Protestschilder inklusive. «Mit meiner Puppendemo will ich erreichen, dass wir am 1. März wieder aufmachen können.» Bei Jenny stapelt sich die Frühjahreskollektion, die eigentlich schon lange im Verkauf sein sollte. Ihm droht, dass das ganze Sortiment im Laden liegen bleibt.
Es brodle an der Basis der Geschäftsbetreiber, stellt der Direktor des Gewerbeverbandes, Hans-Ulrich Bigler, fest. Ihn erreichten immer mehr Mails von Firmen, die vor dem Konkurs stünden. Sein Verband und verschiedene kantonale Berufsverbände fordern deshalb vom Bundesrat ebenfalls: Öffnung mit Schutzkonzepten ab dem 1. März.
Die Massnahmen in der Schweiz sind immer noch milder als in anderen Ländern, funktionieren aber gut.
Thomas Steffen, Kantonsarzt in Basel-Stadt, hat durchaus Verständnis für den zunehmenden Unmut, sagt aber: «Die Massnahmen in der Schweiz sind immer noch milder als in anderen Ländern, funktionieren aber gut.» Dass der Bundesrat die Massnahmen aufrechterhält, habe auch mit dem mutierenden Virus zu tun: «Das ist das Problem im Moment: Die Mutation gibt mehr Schub, gleichzeitig sind wir mit den Impfungen noch nicht so weit.»
Petitionär Bächtold ist dennoch überzeugt: Der Corona-Unmut wächst. Viele können bei sinkenden Fallzahlen den Shutdown nicht mehr verstehen, der müsse enden. Künftig sollen besonders gefährdete Menschen besser geschützt werden, verlangen die Jungfreisinnigen in ihrer Petition. Auch die Testkapazitäten und die Impfmöglichkeiten sollen ausgebaut werden. Wann der Bundesrat über die Verlängerung oder Veränderung des Shutdowns entscheidet, der vorderhand bis Ende Februar dauert, ist bislang nicht bekannt.