Die Herzen der Schweizer erobert man mit Arbeit – viel Arbeit. Fehmi Fetahi weiss das. Der 60-Jährige war 1982 zum ersten Mal in die Schweiz gekommen. Damals noch Student in Pristina, suchte er in der Semesterpause nach Arbeit. Er fand diese auf einer Baustelle. Gefunden hatte er auch seine künftige Frau, eine Schweizerin. Nach der Ausbildung zum Zahntechniker beschloss er deshalb, hierher zurückzukehren.
Die Menschen vom Balkan sind heute Architekten und Ärzte. Die Schweizer können froh sein, dass sie hier sind.
«Ich wollte ein anderes Leben als meine Eltern», sagt Fetahi mit seiner tiefen Stimme. Sein Vater, ein Bauer, habe ihn auf dem Hof behalten wollen. «Ich hätte zu den Kühen schauen sollen. Das ging nicht. Ich wollte zeigen, dass ich was erreichen kann.»
Doppelt so viel arbeiten
Heute, fast 40 Jahre später, ist Fehmi Fetahi ein reicher Mann. Er hatte Erfolg mit seiner Firma für Kunstharz-Böden, die er 1989 gegründet hatte. Im luzernischen Altbüron, im Alter von 27 Jahren: «Ich habe einfach gemacht», sagt Fetahi. Heute beschäftigt die Firma gut 30 Leute. Seinen Job als Zahntechniker liess er sausen.
Die potenziellen Kundinnen und Kunden begegneten ihm zunächst mit grosser Skepsis, erinnert sich Fetahi. «Ich war ein Fremder hier. Sie fragten sich: Was ist das für einer?» Das Vertrauen habe er sich verdienen müssen. «Ich musste doppelt so hart arbeiten und doppelt so freundlich sein wie die Schweizer Konkurrenz.» Es funktionierte, die Aufträge kamen nach und nach rein.
Schnell die Sprache lernen
Wie viel Energie und Zeit die eigene Integration kostet, weiss auch Hamit Zequiri. Er kam vor 27 Jahren in die Schweiz. Migranten hätten damals ein besonders schlechtes Image gehabt. «Es war anspruchsvoll, ein neues Leben aufzubauen, eine Sprache zu lernen, ein Studium anzufangen und einen Freundeskreis zu finden.»
Hamit Zeqiri leitet heute die Organisation «Fabia», die sich seit 60 Jahren für die Integration einsetzt. Sie hilft beim Ausfüllen von Formularen, bietet Sprachkurse an, berät aber auch die Schweizer Behörden, wie sie den Migrantinnen und Migranten die Integration möglichst einfach machen können. «Auf Ebene der Gemeinden kann die Schweiz noch besser werden. Die Leute wollen möglichst schnell über ihre Rechte, Pflichten und die lokalen Begebenheiten informiert werden.» Ansonsten habe sich vieles verbessert in den letzten Jahrzehnten. «Integration ist heute Staatsaufgabe.»
Den Migrantinnen und Migranten rät Zeqiri, möglichst schnell die Sprache zu lernen. «Nur so kann man hier Kontakte knüpfen und einen Job finden. Nicht alle wissen das.» Schliesslich brauche es für eine gelungene Integration jedoch immer beide Seiten. Da habe die Schweizer Bevölkerung auch dazugelernt: «Man weiss, dass es ohne Migration nicht geht.»
Es fliesst auch Geld zurück
Diese Erfahrung hat auch der Unternehmer Fehmi Fetahi gemacht. Zumindest in Bezug auf seine Landsleute, Menschen aus anderen Regionen begegne man heut mit ähnlicher Skepsis wie ihnen damals. «Doch das wird sich schon noch ändern.» Er und seine Landsleute hätten dies bewiesen. «Die Menschen vom Balkan sind heute Architekten und Ärzte. Die Schweizer können froh sein, dass sie hier sind.»
Umgekehrt können die Menschen im Kosovo froh sein, dass sie eine Diaspora in der Schweiz haben. Es fliesst viel Geld zurück ins Herkunftsland – unter anderem auch von Fetahi selbst. Mit dem Geld, das er hier verdient hatte, liess er vor gut 15 Jahren eine Hotelanlage bauen im Kosovo. In der Hochsaison beschäftigt er dort hunderte von Menschen. Der Mann, der wegen der Arbeit in die Schweiz gekommen war, sorgt nun für Arbeit in seinem Herkunftsland.