Am 18. Mai 2022 halten die Zollbeamten an einer Zollstelle bei Mendrisio einen Spediteur an. Er will 1850 Kilogramm Schmiermittel exportieren. Zieldestination: Russland. Die Mittel könnten der dortigen Industrie dienen. Ihr Export ist deshalb wegen des Ukraine-Kriegs verboten.
Industriegüter aller Gattungen
Alle deklarierten Exporte nach Russland – und die Importe – würden geprüft, erklärt Alexandra Meier, Chefin Warensicherheit beim Bundesamt für Zoll- und Grenzsicherheit. «Mittlerweile haben wir dem Seco 126 Sendungen angezeigt, 500 Sendungen haben wir zusätzlich abgeklärt. Es sind Industriegüter aller Gattungen, Möbel, Luxusprodukte.»
Das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco muss die einzelnen Verstösse prüfen. Bisher gibt es erst zwei rechtskräftige Strafbescheide. Das Seco schreibt dazu auf Anfrage gegenüber SRF: «Die Bearbeitung von Verdachtsmeldungen ist zeit- und ressourcenintensiv. Es müssen zusätzliche Abklärungen vorgenommen werden. In Anbetracht der grossen, zunehmenden Anzahl Meldungen sind entsprechende Priorisierungen bei der Bearbeitung erforderlich.»
Beteiligter wusste nichts vom Verbot
Einer der zwei Strafbescheide betrifft den Fall der Schmiermittel. Das Seco eröffnete im September 2022 ein Verfahren gegen die Schweizer Firma. Wer vorsätzlich gegen das Exportverbot verstösst, kann mit bis zu fünf Jahren Gefängnis oder bis zu einer Million Franken Busse bestraft werden.
Weil die Firma gemäss Seco aber fahrlässig gehandelt habe, fällt die Strafe mit 4500 Franken vergleichsweise tief aus. Der Geschäftsführer habe gemäss Strafbescheid nichts vom Verbot gewusst.
Die meisten Verstösse entdeckt das Zollamt, weil die Firmen selbst deklarieren, dass ihre Exporte nach Russland gehen sollen. «Heute ist es so, dass diejenigen, welche die Anmeldungen machen und dies offenlegen, die Vorschriften nicht kennen», so Meier.
«Aus ungenügender Sorgfalt heraus»
Wie kann diese Unwissenheit erklärt werden – nach einem Jahr Krieg, nach einer breiten Debatte über die Sanktionen? «Die Sanktionsverordnungen wurden zig mal angepasst. Das Spektrum der Güter, welche reguliert sind, wird laufend geändert. Es kann aus ungenügender Sorgfalt passieren, nach wie vor», erklärt Alexandra Meier.
Inzwischen gibt es fast keine Produkte mehr, die nach Russland exportiert werden dürfen – Ausnahmen gelten aktuell für gewisse Laborreagenzien und Medizinprodukte.