Vermehrte Dürreperioden und steigende Temperaturen setzen den einheimischen Bäumen zu. Eine mögliche Lösung: das Anpflanzen von neuen Baumarten. Eine neue Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) hat die Auswirkungen untersucht. Mitverantwortlich dafür ist der Ökologe Thomas Wohlgemuth. Er ordnet ein, welche Auswirkungen diese Massnahme auf das Ökosystem hat.
SRF News: Was machen nicht heimische Bäume mit der Biodiversität in der Schweiz?
Thomas Wohlgemuth: Diese Frage stellt sich vor allem bei Reinbeständen von gebietsfremden Baumarten in der Schweiz. Wenn es sich nur um Beimischungen handelt, ist das Problem viel geringer. Aber es gibt mehrere gebietsfremde Baumarten, unter welchen die Biodiversität leidet.
Wie weiss man, dass der Rückgang auf die fremden Baumarten und nicht auf andere Faktoren zurückzuführen ist?
Wir haben mehr als 100 Studien verglichen. In allen wurden die Reinbestände von gebietsfremden Baumarten in Europa mit einheimischen Beständen verglichen – bezüglich Pflanzen- und Artenvielfalt bei Tiergruppen sowie Eigenschaften im Boden.
Dabei wurden mediterrane Akazien, Eukalyptusbestände in Portugal und Spanien, Götterbaumbestände in ganz Europa, spätblühende Traubenkirsche, Douglasie, Roteiche und Robinie untersucht.
Wie unterscheiden sich die verschiedenen Baumarten in ihren Auswirkungen auf die Biodiversität?
Generell hat man wenig Unterschiede in den Bodeneigenschaften gefunden. Es gibt Baumarten, welche die Bodeneigenschaften quasi verbessern, indem sie mehr Nährstoffe in den Boden bringen. Das kann man positiv oder negativ sehen, aber bei den meisten Arten litten die Bodeneigenschaften nicht stark darunter.
Die Douglasie ist die klassische Zukunftsbaumart für viele Förster und Försterinnen.
Im Gegensatz dazu bei der Biodiversität. Da sinkt oftmals die Artenvielfalt der Insektengruppen. Oder eine Verdunkelung der Baumarten kann dazu führen, dass die Vegetation am Boden artenärmer wird.
Können sich einheimische Arten an die neuen Bäume anpassen?
Davon geht man aus. Es hängt auch davon ab, wie stark verwandt diese Baumarten mit den einheimischen Baumarten sind. Es gibt die spätblühende Traubenkirsche, die hier mit der normalen Traubenkirsche eine starke Verwandte hat. Dort zeigt sich auch, dass sich die Artenvielfalt bei den Vögeln und Insekten nicht stark unterscheidet.
Gibt es Alternativen zu gebietsfremden Baumarten?
Bei den Alternativen geht man zuerst vom Portfolio unserer heimischen Baumarten aus. Die nächst trockenresistente Art wird dann in einem Wald gewählt. In der Schweiz sucht man nach Eichen, die man in den Buchenwäldern einbringen kann.
Oder eine bereits hier angepflanzte Baumart wie die Douglasie wird verstärkt eingesetzt, wie das im Mittelland oft der Fall ist. Sie ist die klassische Zukunftsbaumart für viele Förster und Försterinnen, weil sie sehr trockenresistent und trotzdem ein sehr guter Holzlieferant ist.
Was heisst das im Endeffekt?
Es ist eine Frage der Dosierung. In der Schweiz ist es nicht erlaubt, Reinbestände von gebietsfremden Baumarten anzupflanzen, aber die Beimischung ist erlaubt. So kann das Problem der geringen Artenvielfalt stark reduziert werden. Und entsprechend werden solche Baumarten als Zukunftsbaumarten eingesetzt. Diese sollen am Schluss ein Teil des Bestandes, aber nicht ein Reinbestand sein.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.