Darum geht es: In der Zunft Meisen und Höngg dürfen neu auch Frauen der Vereinigung beitreten – allerdings nur, wenn sie Töchter von Zünftern sind. Das Verfahren, das sie dabei durchlaufen müssen, ist dasselbe wie bei allen anderen Mitgliedern: Vor dem 28. Lebensjahr werden sie zu Gesellin. Diese hat wie die Gesellen noch kein Stimmrecht, hilft aber am Sechseläuten mit, beispielsweise im Getränkeausschank. Nach dem 28. Lebensjahr stellt sie einen Antrag, um vollwertiges Mitglied zu werden. Bei der Zunft zu den drei Königen dürfen Frauen am Sechseläutenumzug teilnehmen, ganz aufgenommen werden sie aber nicht. Früher sah das bei den Zünften jedoch noch etwas anders aus.
Die Zünfte im alten Zürich: Bis 1798 war es normal, dass die ganze Familie Mitglied einer Zunft war, das heisst sowohl der Ehegatte – als Haupt der Familie – als auch die Ehefrau und ihre gemeinsamen Kinder, wie Helmut Meyer gegenüber SRF sagt. Er ist Autor des Buches «Zünftiges Zürich» und dozierte an der Universität Zürich. Ihm zufolge wurde eine Tochter, sobald sie heiratete, Mitglied der Zunft ihres Mannes. Damals hatten die Zünfte jedoch noch eine andere Funktion als heute.
Stellung der Frauen in den Zünften im alten Zürich: Zünfte hatten früher einen wesentlichen Einfluss auf die Wirtschaftsordnung. Sie sorgten etwa dafür, den Betrieben ein minimales Einkommen zu sichern oder qualitative Standards zu gewährleisten. Weder in der Zunft noch in anderen Institutionen der Regierung durften Frauen höhere Ämter bekleiden. Jedoch arbeiteten sie im Familienbetrieb mit oder führten teilweise auch selbst einen Laden – und waren damit Mitglied in der Zunft.
Zünfte im 19. Jahrhundert: 1798 wurden die Zünfte in ihrer alten Funktion aufgelöst, was mit dem Zusammenbruch der «alten Eidgenossenschaft» und der Französischen Revolution zusammenhängt. Bereits fünf Jahre später – 1803 – wurden sie erneut ins Leben gerufen. Frauen wurden dann aber ausgeschlossen. «Ähnlich wie die aufblühenden Schützenvereine, Turnvereine oder Studentenverbindungen waren auch die Zünfte zunächst reine Männervereine», sagt Meyer und vermutet die Gründe dafür im stark patriarchalisch geprägten 19. Jahrhundert: «In den Zünften dominierte wohl die Vorstellung, auch die Zünfte der ‹guten alten Zeit› seien reine Männergesellschaften gewesen.»
«Frauenzunft»: Ende des 20. Jahrhunderts – 1989 – wurde die Gesellschaft zu Fraumünster, die im Volksmund «Frauenzunft» genannt wird, gegründet. Zu Beginn sei diese Idee in den zünftischen Kreisen auf Ablehnung gestossen, so Meyer. «Die Initiantinnen reagierten darauf, indem sie sich nicht als Zunft bezeichneten, sondern sich in die Nachfolge der vornehmen Reichsabtei Fraumünster stellten.» Offiziell am Sechseläutenumzug teilnehmen darf diese aber erst seit 2011.
Inklusion in den Zünften: In den Reihen der Zünfte sitzen nicht nur Protestanten, sondern auch Katholiken, Juden und Konfessionslose. Eine Stadtbürgerschaft wird zudem ebenfalls nicht mehr verlangt, und «sie nehmen teils auch Aussenstehende auf, welche sich für die zürcherische Geschichte und Tradition interessieren», sagt Meyer. «Anderseits verstehen sich die Zünfte nach wie vor als ‹bürgerlich›, wobei der ‹bürgerliche Rahmen› unterschiedlich weit gesteckt sein kann.»