Bis vor ein paar Jahren war das Zürcher Sechseläuten noch fest in Männerhand: Frauen durften offiziell nur als Blumenmädchen oder Ehrengäste mitlaufen – für alle anderen Frauen war der Umzug im Frühling Tabu. Seit 2023 ist das anders. Als erste liess vergangenes Jahr die Zunft zur Meisen die Zunfttöchter am Sechseläuten mitlaufen.
Dieses Jahr zieht nun eine zweite Zunft nach. Auch die Zunft zu den drei Königen, die Zunft des Zürcher Enge-Quartiers, lädt die Töchter ein. Dies sei das Ergebnis eines Workshops und einer Befragung unter den Zünftern, sagt Rolf Bühler, Zunftmeister der Zunft zu den drei Königen. «Es wäre schön, wenn mehr oder weniger 15 Töchter mitlaufen würden», sagt Bühler. Dann wären es ungefähr gleich viele wie die Söhne der Zünfter.
Noch keine gleichwertigen Mitglieder
Das diesjährige Sechseläuten am 17. April sei ein Test. Im Herbst entscheiden die Zünfter dann, ob die Frauen definitiv am Umzug mitlaufen dürfen. Zünfterinnen werden können sie allerdings noch nicht. Das komme vielleicht später, sagt Rolf Bühler: «Zuerst wollten wir das Frühlingsfest für unsere Töchter öffnen. Wie es weitergeht, schauen wir dann später.»
Einen Schritt weiter ist die Zunft zur Meisen. Seit die Töchter am letzten Sechseläuten dabei waren, wurden sie auch an allen Zunftanlässen unter dem Jahr zugelassen. «Das war sehr unaufgeregt», sagt Zunftmeister Konstantin von Schulthess. Jeweils etwa 10 Prozent der Anwesenden seien Frauen, ansonsten habe sich aber nichts geändert, auch die Stimmung sei gleich gewesen wie immer.
Damit Frauen allerdings gleichberechtigte Mitglieder der Zunft werden können, brauche es eine Statutenänderung, sagt von Schulthess. Darüber soll in rund vier Jahren abgestimmt werden.
Zunft Höngg sagte Nein
Ob nun weitere Zürcher Zünfte nachziehen und ihrerseits Frauen am Sechseläuten zulassen, ist noch offen. Gegen diesen Schritt ausgesprochen hat sich vor einem Jahr die Zunft Höngg.
Bei der entsprechenden Abstimmung sprach sich zwar mehr als die Hälfte der Anwesenden für die Aufnahme von Frauen aus, es reichte aber nicht für die nötige Zweidrittel-Mehrheit. Die Zeit sei also noch nicht reif für diesen Schritt, bilanzierten damals die Verantwortlichen der Zunft Höngg.