Bei ihrer Eröffnung war sie eine Bahn der Superlative: die Seilbahn aufs Schilthorn in den Berner Alpen. Sie war die längste der Welt und ihre Abstände zwischen den Masten extrem. Mittlerweile ist sie aber in die Jahre gekommen. «Die 58-jährigen Bahnen entsprechen weder den heutigen Ansprüchen an Komfort noch an Sicherheit», sagt Schilthorn-Direktor Christoph Egger.
Mehr Komfort, mehr Sicherheit – darum werden derzeit am Schilthorn neue Bahnen gebaut, obwohl die alte Bahn eigentlich streng geschützt ist. Sie wird im Schweizer Seilbahninventar als technisches Denkmal geführt. Dass eine alte Bahn trotz Denkmalschutz durch eine neue ersetzt wird, ist aber kein Einzelfall.
Denkmalschutz bei Seilbahnen gescheitert
Rückblick: 2011 erstellte der Bund das weltweit erste Inventar zu historischen Seilbahnen. Er erklärte 129 der rund 3000 Seilbahnen im Land zu technischen Denkmälern und schrieb ganz unbescheiden von einer «Weltpremiere». Doch diese Weltpremiere ist gescheitert.
«Wir haben es nicht geschafft, auch nur eine einzige Seilbahn integral zu erhalten», muss Oliver Martin heute gestehen. Der Leiter Baukultur beim Bundesamt für Kultur (BAK) sieht die Bahnbetreiber in der Verantwortung. Aus Sicherheits- und Kapazitätsgründen würden sie auf neue Bahnen setzen. Eine Aktualisierung des Schweizer Seilbahninventars erübrige sich.
Wir haben es nicht geschafft, auch nur eine einzige Seilbahn integral zu erhalten.
Auch die Bergbahnen Gstaad haben mittlerweile drei denkmalgeschützte Gondelbahnen stillgelegt oder ersetzt. «Für die Praktiker ist immer klar gewesen, die Sicherheit wird in diesem sensiblen Bereich stets höher gewichtet als der Denkmalschutz», sagt Geschäftsführer Matthias In-Albon. Nur wer am Bürotisch sitze und zu viel Zeit habe, könne auf andere Ideen kommen.
«Wir hatten im Vorfeld viele Diskussionen mit Seilbahnbetreibern», entgegnet Oliver Martin vom BAK. Auch wenn es sehr komplex sei, technische Denkmäler zu erhalten, verdienten sie grundsätzlich denselben Schutz wie historische Klöster oder Kirchen.
Statt der Seilbahn wird nun der alte Beton geschützt
Obwohl das Schweizer Seilbahninventar nicht weiter aktualisiert wird, gibt es weiterhin Vorgaben beim Denkmalschutz. Das zeigt das Beispiel des Schilthorns. Das Motto dabei: Wenn sich die Seilbahn nicht schützen lässt, dann der alte Beton. Schilthornbahn-Direktor Christoph Egger muss ein massives, künftig nicht mehr genutztes Stationsgebäude stehen lassen. «Hier in den Bergen hat man sich schon ein bisschen am Kopf gekratzt», kommentiert Egger und lacht.
Alle Stationsgebäude der Schilthornbahn hätten bereits zu ihrer Bauzeit einen architektonischen Anspruch gehabt. Für Oliver Martin vom BAK steht das alte Stationsgebäude somit sinnbildlich für die damalige Architektur, welche im Dialog mit der Bergwelt stehe. «Wenn die Schilthornbahn nun ein Restaurant einbaut, kann das Gebäude als Zeuge für die Bahn aus den 60er-Jahren erhalten bleiben.» Alte Gebäude einer neuen Funktion zuzuführen, sei gelungener Denkmalschutz.