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Selbstdeklaration für Paare «Das ist sicher noch eine Knacknuss»

Ab Samstag werden die Grenzkontrollen an der Grenze zu Deutschland leicht gelockert. Neu dürfen sich zum Beispiel unverheiratete, durch die Corona-Massnahmen getrennte Paare wieder besuchen. Doch wie setzt man das in der Praxis um, ohne dass jedes Tinderdate unter diesem Vorwand zwischen den Ländern hin- und herreist? Laut Thomas Niederberger, Stadtpräsident von Kreuzlingen, ist das eine Herausforderung.

Thomas Niederberger

Stadtpräsident von Kreuzlingen

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Der gebürtige St. Galler Thomas Niederberger wurde im Januar 2018 zum Stadtpräsidenten der Grenzstadt Kreuzlingen gewählt. Davor war er dort als Stadtschreiber tätig. Nach der Wahl ist der Parteilose der FDP beigetreten.

SRF News: Sie und ihr Konstanzer Amtskollege haben gefordert, die Grenzen so schnell wie möglich zu öffnen. Sind Sie jetzt zufrieden?

Thomas Niederberger: Ja, wir haben mit dem Oberbürgermeister von Konstanz versucht, auf der höchsten Ebene in Bern und Berlin zu erreichen, dass die Grenzen so bald wie möglich aufgehen. Und mit dem Entscheid, dass am 15. Juni die Grenzen ganz aufgehen und am 16. Mai bereits Lockerungen gemacht werden können, sind wir in einem ersten Schritt sehr zufrieden.

Sie wollten die Grenzen sofort ganz öffnen. Ist der 15. Juni nicht zu spät?

Wir haben grundsätzlich gefordert, dass die Grenzen so schnell wie möglich geöffnet werden sollen. Wir haben jetzt einen Öffnungsplan in Etappen erhalten und können mit diesem Vorgehen zufrieden sein, weil man so auch den Einkaufstourismus noch ein wenig im Griff hat. Für uns ist es wichtig, dass diese Lockerungen am nächsten Samstag kommen, sodass sich auch unverheiratete Paare endlich wieder über die Grenze hinweg treffen können.

Wir können mit diesem Vorgehen zufrieden sein, weil man so den Einkaufstourismus noch ein wenig im Griff hat.

Wie wichtig ist es, dass sich unverheiratete Paare wieder treffen dürfen?

Das ist sehr wichtig. Wir sind eine grosse Stadt mit über 100'000 Einwohnern, und irgendwo in der Mitte – oder vielleicht nicht ganz in der Mitte – geht eine EU-Aussengrenze durch. Kreuzlingen und Konstanz sind völlig zusammengebaut. Die Menschen hier sehen diesen Raum wirklich als gemeinsamen Lebensraum. Daher gibt es sehr viele Verbindungen über die Grenze hinweg. Und diese Verbindungen wurden mit den Grenzschliessungen auf einen Schlag unterbunden. Und das spürt man natürlich in unserer Stadt.

Wer einen triftigen Grund hat, darf über die Grenze. Ist es im Alltag nicht kompliziert, festzustellen, wer einen triftigen Grund hat und wer vielleicht einfach nur drüben einkaufen will?

Ja, da wird der Bund und Deutschland sicher heute und morgen noch viel Arbeit haben. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hat ja gesagt, dass man eine möglichst einfache Lösung haben will mit einem Selbstdeklarations-Formular. Es ist natürlich im Sinne aller, dass es so einfach ist wie möglich. Aber es ist sicher noch eine Knacknuss, wie diese Lockerungen dann durch die Beamten an der Grenze auch richtig kontrolliert und gehandhabt werden können.

Mann und Frau an der Grenze
Legende: Eigentlich sind das schweizerische Kreuzlingen und das deutsche Konstanz mehr oder weniger zusammengewachsen. Doch seit Mitte März trennen Zäune die beiden Städte. Keystone

Wenn am 15. Juni die Grenzen wieder ganz aufgehen, dürfte auch der Einkaufstourismus wieder einsetzen. Das ist für Kreuzlingen keine gute Nachricht.

Ja, Kreuzlingen ist sehr stark vom Einkaufstourismus betroffen. Das ist für unser Gewerbe und für die Detaillisten natürlich sehr hart. Viele Betriebe konnten von der Grenzschliessung profitieren und Neukunden gewinnen. Wir hoffen, dass diese sehen, dass wir ein sehr leistungsstarkes Gewerbe haben, dass es angenehm ist, weiterhin in Kreuzlingen einzukaufen, auch nach der Grenzöffnung, und dass viele nun dem Kreuzlinger Gewerbe treu bleiben.

Das Gespräch führte Christina Scheidegger.

SRF 4 News, 14.05.2020, 07.15 Uhr ; 

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