Wolodimir Selenski hat sich in einer Rede per Videoschaltung an das Schweizer Parlament gewandt. Nationalratspräsident Martin Candinas begrüsste den ukrainischen Präsidenten vor der Vereinigten Bundesversammlung – und zeigte sich bestürzt über das Leid, das der russische Angriffskrieg über die Ukraine gebracht hat.
Das Schweizer Parlament verurteile den völkerrechtswidrigen Krieg aufs Schärfste: «Mit der heutigen Ansprache von Präsident Selenski setzen wir ein Zeichen der Solidarität mit dem ukrainischen Volk.»
Ich danke Dir, liebe Schweiz, dass Du nicht gleichgültig angesichts des Leides geblieben bist.
«Ich danke dir, liebe Schweiz, dass du angesichts des Leides nicht gleichgültig geblieben bist», sagte der ukrainische Präsident zu Beginn seiner Rede. Jedes Sanktionspaket, jede Vermögenssperre und jede Waffeneinheit würden der Ukraine helfen, sich vom Terror zu befreien.
Existenzielle Bedeutung von Waffenlieferungen
Er wisse um die Diskussionen um die Wiederausfuhr von Waffen in der Schweiz, sagte Selenski weiter: «Ich möchte Sie dazu aufrufen, sich an eine Tatsache zu erinnern: Wir bitten um Waffenlieferungen, damit der ukrainische Boden wieder zum Territorium des Friedens werden kann.» Waffen seien überlebenswichtig für die Ukraine.
Nicht die Ukraine sei die Quelle der Aggression, und sie sei keine Konfliktzone, so Selenski. Gegen die russische Aggression könne man nur gemeinsam antreten. Selenski erinnerte an seine Friedensformel, wonach jedes Partnerland entsprechend seinen Stärken der Ukraine beistehen könne. Einige sorgten für Lebensmittelsicherheit, andere würden helfen, die Tausenden nach Russland verschleppten ukrainischen Kinder zu finden und zurückzubringen.
«Vielen Dank, liebe Schweiz! Ehre der Ukraine!»
Die Schweiz lud er ein, einen globalen Friedensgipfel durchzuführen und dort federführend zu sein, wo sie ihre nationale Expertise am besten einsetzen könne. «Vielen Dank, liebe Schweiz! Ehre der Ukraine», schloss Selenski seine Ansprache.
Gehalten hatte er sie im schwarzen T-Shirt, mit dem Schriftzug «Ukraine» auf der Brust. Während seiner Ansprache hatte im Saal Stille geherrscht. Selenskis Worte verdankten die anwesenden Parlamentarierinnen und Parlamentarier mit einer anhaltenden Standing Ovation.
SVP bleibt Selenski-Rede fern
Selenskis Videoansprache fand in der Mittagspause der Eidgenössischen Räte statt und war nicht offiziell Bestandteil der Session. Die SVP blieb mehrheitlich fern. Fraktionschef Thomas Aeschi sagte, die Schweiz ergreife mit Selenskis Aufritt zu sehr Partei für die Ukraine und gefährde so ihre Neutralität.
Zur Haltung der Schweiz sagte Ständeratspräsidentin Brigitte Häberli-Koller nach Selenskis Ansprache: «Auch ein neutraler Staat hat das Recht, ja die Pflicht, sich für seine Grundwerte wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte einzusetzen.» Die Schweiz stehe auf Seite des Völkerrechts und daher hinter der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine.