Am Mittwochabend hat die SP Aargau die in den Statuten festgelegte Ausnahme angewendet. Der ausserordentliche Parteitag in Lenzburg hat entschieden, dass der langjährige Nationalrat Cédric Wermuth auch nach 12 Jahren im Amt nochmals für das nationale Parlament kandidieren darf. Dafür ist eine Zweidrittelsmehrheit des Parteitags nötig – der Entscheid fiel einstimmig.
Die Idee der Amtszeitbeschränkung: «Sesselkleber», Politikerinnen und Politiker, die ihren Platz nach langer Zeit nicht freigeben wollen, sollen aus dem Amt entlassen werden können, damit junge Polittalente nachrücken können. Das Dilemma der Aargauer SP: Cédric Wermuth ist mit 36 Jahren vergleichsweise noch jung. Er wurde mit 25 Jahren in den Nationalrat gewählt.
Kritische Stimmen in der Waadt
Stellt sich die Frage, ob solche Amtszeitbeschränkungen Sinn machen? Nicht nur im Aargau, auch im Kanton Waadt wurde die parteiinterne Amtszeitbeschränkung kürzlich aufgeweicht. SP-Nationalrat Roger Nordmann (seit 2004 im Amt, 49 Jahre alt) wollte trotz Amtszeitbeschränkung erneut für den Nationalrat kandidieren. Die Partei entschied im Juni, dass er das gemäss Ausnahmeregelung darf. Dafür muss er auf eine Kandidatur als Ständerat verzichten, zugunsten seines Kollegen Pierre-Yves Maillard. Die jungen Delegierten kritisierten diesen Deal.
Braucht es die Amtszeitbeschränkung noch? SP-Nationalarat Cédric Wermuth findet ja: «Die Amtszeitbeschränkung bringt schon etwas. Sie verpflichtet gewählte Nationalrätinnen und Nationalräte dazu, nahe bei der Basis zu sein und auch zu spüren, ob die Zeit vorbei ist.»
Die Amtszeitbeschränkung bringt schon etwas.
Was passiert, wenn 2027 die nächste Amstzeit abläuft? Cédric Wermuth lässt es offen. «Meine politische Welt geht bis zu den Wahlen 2023, alles andere schauen wir danach.»
Für David Sommer, Co-Präsident der Aargauer Juso ist klar: «Eine zweite Amtszeitverlängerung wird nicht akzeptabel sein. Wir müssen bis dann eine gute Kandidatin finden, die die jungen Menschen im Aargau vertreten kann», sagte er gegenüber SRF.
Überprüfung statt Beschränkung?
Stefan Dietrich, Co-Präsident der SP Aargau, hält hingegen an der Regelung fest: «Gemäss unserer Statuten ist es möglich, die Beschränkung aufzuheben. Die Zustimmung am Parteitag war einstimmig, das Resultat war klar.» Die Amtszeitbeschränkung sei trotzdem sinnvoll: «Sie ist eine Überprüfung, wie gut der Kandidat oder die Kandidatin mit der Basis noch zusammenarbeitet. Die nötige Zweidrittelsmehrheit ist eine grosse Hürde.»
Nicht alle Delegierten des ausserordentlichen Parteitags waren begeistert, dass die Partei die Amtszeitbeschränkung weiterhin anwenden will. Politikerinnen und Politiker, die nicht zitiert werden möchten, sagten gegenüber SRF, dass es auch ohne Beschränkung möglich sei, eine Nationalrätin oder einen Nationalrat «loszuwerden». Sie oder er werde in diesem Fall ganz einfach nicht mehr nominiert.