Er ist das eigentliche Highlight im US-Wahlkampf-Zirkus: Der «Super Tuesday», bei dem gleichzeitig in einem Dutzend Bundesstaaten Vorwahlen stattfinden. An keinem anderen Tag können sich die Kandidierenden so viele Delegiertenstimmen sichern. Kein Wunder also, dass Clinton, Trump & Co. von Staat zu Staat jetten, um möglichst starke Präsenz zu markieren.
Verglichen mit amerikanischen Verhältnissen verläuft die Schweizer Politik geradezu bedächtig. Doch auch unter den hiesigen Parlamentariern ist der US-Wahlkampf Thema – notabene bei den Aussenpolitikern. SRF News hat sich in der Wandelhalle umgehört.
WIE ENTSCHEIDEND IST ES FÜR DIE SCHWEIZ, WER KÜNFTIG DIE USA REGIERT?
Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL): In verschiedensten Bereichen der Politik, allen voran in Wirtschaftsfragen, stellt die USA geradezu einen Machtblock dar. Als Kleinststaat ist die Schweiz darauf angewiesen, gute Beziehungen zu den USA zu pflegen – zumal die Länder handelspolitisch eng verflochten sind.
Hans-Peter Portmann (FDP/ZH): Die Frage, ob in den USA künftig eine eher protektionistische Regierung herrscht oder eine, die die freie Marktwirtschaft unterstützt, ist auch für die Schweiz von zentraler Bedeutung. Etwa in Bezug auf das TTIP-Freihandelsabkommen, das unser Land – quasi im Fahrwasser der EU – mit den Vereinigten Staaten abzuschliessen versucht.
Luzi Stamm (SVP/AG): Für die Schweiz hat dies keine Auswirkungen. Ich bin übrigens nicht sehr gut auf die amerikanische Regierung zu sprechen, die in den letzten Jahren in vielerlei Hinsicht versucht hat, uns ihre Regeln aufzudrücken. Das Verhältnis der Schweiz zu den USA war nicht optimal, wesentlich verschlimmern wird es sich nicht, unabhängig davon, wer Präsident wird.
Tim Guldimann (SP/ZH): Klar ist: Eine demokratische Aussenpolitik wäre für europäische Anliegen akzeptabel. Kommt nach dem Demokraten Obama nun ein Republikaner ins Weisse Haus, müsste sich dieser zuerst neu organisieren. Dadurch entstände eine sehr lange Funkstille in Washington. Für die aktuellen Krisenherde in der Welt wäre das fatal.
DER US-WAHLKAMPF IST SHOW UND SPEKTAKEL. ALSO KEINE PARALLELEN ZUR SCHWEIZ – ODER ETWA DOCH?
Luzi Stamm (SVP/AG): In den USA wird gerade sehr deutlich, wie unzufrieden die Bevölkerung mit der Regierung ist. Diese Entwicklung beobachte ich auch in Europa und der Schweiz. Das Schrille und Laute drückt in Europas Wahlkämpfen sicher durch, man denke an Berlusconi in Italien, Hollande/Sarkozy in Frankreich oder jetzt auch in Deutschland. Die Schweiz ist wegen ihres Systems bislang recht resistent gegen populistische Personenkämpfe.
Tim Guldimann (SP/ZH): Natürlich ist in den USA wesentlich mehr Geld im Spiel. Parallelen sehe ich darin, dass im Wahlkampf kurzfristig alles sehr stark auf Personen zugeschnitten wird. Für grundlegende politische Debatten bleibt dadurch wenig Raum.
Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL): Die Wahlkämpfe in den USA waren schon immer sehr show-mässig. Das Ganze folgt einer klaren Dramaturgie. Mit der Schweiz lässt es sich sicher nicht vergleichen. Ich bin froh darüber, dass wir hierzulande einen respektvolleren Umgangston pflegen und den Fokus auf die Sachpolitik legen.
Hans-Peter Portmann (FDP/ZH): Der amerikanische Wahlkampf ist wohl weltweit einzigartig. Dieses Gewicht, das auf die interne Parteiausmarchung gelegt wird, kennen wir so zum Glück nicht.
Man stelle sich vor, unsere Bundesratskandidaten müssten in allen Kantonen auftreten und sich dort gegenseitig aufs Dach geben.
DONALD TRUMP ALS NEUER PRÄSIDENT DER USA: EINE OPTION?
Hans-Peter Portmann (FDP/ZH): Den Amerikanern traue ich alles zu. Könnte ich mitentscheiden, käme Trump für mich zweifellos nicht in Frage. Um es diplomatisch auszudrücken: Ein Donald Trump als US-Präsident wäre für sämtliche Aussenpolitiker eine grosse Herausforderung.
Tim Guldimann (SP/ZH): Ob Trump Präsident werden kann, bleibt zuallererst eine statistische Frage. Ich fände es katastrophal. Denn diese amerikanische Version von plumpem Populismus ist höchst gefährlich.
Luzi Stamm (SVP/AG): Persönlich kann ich das schlecht beurteilen. Meine kalifornischen Freunde halten es aber inzwischen für möglich, dass Trump die Wahl für sich entscheiden könnte.
Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP/BL): Nie hätte ich gedacht, dass Trump das Volk und insbesondere die Wutbürger derart abholen kann. Wie soll man mit einem Mann, der solch populistische und nationalistische Parolen von sich gibt, je einen politischen Konsens finden? Für mich unvorstellbar.
«Super Tuesday»: Diese Kandidaten sind noch im Rennen
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Bild 1 von 9. Demokratische Partei. Der Esel als Symbol der Demokratischen Partei. Es geht zurück auf den Präsidentschaftswahlkamp 1828 des Demokraten Andrew Jackson, der von seinen Gegnern «Esel» genannt wurde. Jackson entschied sich dann, das willensstarke, intelligente und tapfere Tier auf die Wahlplakate aufzunehmen. Hier die Kandidaten der Demokratischen Partei. Bildquelle: Dem.
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Bild 2 von 9. Hillary Clinton (Demokratin):. Hillary Clinton (68), ehemalige Aussenministerin und Senatorin aus New York. Sie ist vertraut mit dem Weissen Haus aus ihrer Zeit als First Lady neben Präsident Bill Clinton. Hillary gilt nach ihrem Sieg in South Carolina wieder als Favoritin. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. Bernard Sanders (parteilos, kandidiert als Demokrat):. Bernie Sanders (74), parteiloser Senator aus Vermont, der sich selbst als demokratischer Sozialist beschreibt. Er kämpft gegen die ungleiche Verteilung von Reichtum. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Der «republikanische» Elefant erschien erstmals 1874 in der Zeitschrift «Harper's Weekly» als Karikatur. Darauf verängstigt ein demokratischer Esel mit Löwenfell alle Tiere in einem Zoo, ausser einem Elefanten (stark und würdevoll), gekennzeichnet als die «republikanische Stimme». Hier die Kandidaten der Republikanischen Partei. Bildquelle: rep.
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Bild 5 von 9. Donald Trump (69), milliardenschwerer Immobilien-Magnat. Durch seine TV-Auftritte ist er landesweit bekannt und durch sein Vermögen von Spenden unabhängig. Trump führt seit Wochen in zahlreichen Umfragen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. Marco Rubio (Republikaner): . Marco Rubio (44), Senator aus Florida. Er wurde mit dem Aufkommen der Tea-Party-Bewegung gewählt, machte sich aber mit seiner Unterstützung einer gescheiterten Einwanderungsreform bei den Konservativen unbeliebt. Rubio gilt inzwischen als Kandidat des republikanischen Establishments. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Ted Cruz (Republikaner): . Ted Cruz (45), Senator aus Texas. Der Harvard-Absolvent ist ein Liebling der Erzkonservativen und wendet sich ausdrücklich an christliche Wähler. Cruz kam als Sohn eines kubanischen Einwanderers und einer US-Bürgerin in Kanada zur Welt. Bildquelle: Reuters .
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Bild 8 von 9. John Kasich (Republikaner): . John Kasich (63), ehemaliger Investmentbanker bei Lehman Brothers und Gouverneur von Ohio. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Politik und wird als Kandidat der politischen Elite gehandelt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Ben Carson (Republikaner):. Ben Carson (64), ehemaliger Neuro-Chirurg. Er wirbt mit seinem Status als Quereinsteiger und politischer Neuling. Carson ist der einzige schwarze Kandidat bei beiden Parteien. Bildquelle: Reuters.