SRF News: Sind die US-Vorwahlen nach dem «Super Tuesday» bereits entschieden?
Melinda Crane: Nein, keineswegs. Zwar wird sich danach einiges klarer präsentieren, vor allem bei den Demokraten. Hier könnten wir eine Konsolidierung der Unterstützung für Hillary Clinton sehen. Bei den Republikanern dagegen könnte eine Entscheidung erneut vertagt werden – Donald Trump ist immer noch stark im Rennen.
Bei den Republikanern formiert sich der Widerstand gegen Trump immer stärker, so wurde er in den letzten Debatten etwa von Marco Rubio stärker angegriffen. Kann das Trump gefährlich werden?
Nicht unbedingt – es könnte sogar als eine Art Trotzreaktion die Unterstützung für Trump verstärken. Zwar wird immer wieder argumentiert, Trump sei ein unmöglicher Mann, sein Stil sei vulgär, er könne die USA unmöglich als Präsident führen. Doch seine Wähler haben dieser Kritik bei den bisherigen Vorwahlen stets getrotzt. Auch hat es bereits früher ähnliche Angriffe wie jene Rubios auf Trump bei den Debatten zum «Super Tuesday» gegeben – etwa von Jeb Bush oder Ted Cruz – doch sie hatten so gut wie keine Wirkung bei den Wählern.
Das Feld hat sich bei den Republikanern etwas gelichtet. So hat etwa der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, aufgegeben. Werden nach dem «Super Tuesday» weitere Kandidaten das Handtuch werfen?
Mich überrascht zum Beispiel, dass John Kasich – das ist der moderate, wohlerzogene Kandidat – nicht schon längst aufgegeben hat. Er bindet Stimmen von moderaten Wählern an sich, hat aber keine Chance, die republikanische Nominierung zu schaffen. Wäre das Feld bei den Republikanern von Anfang an nicht derart fragmentiert gewesen – mit Jeb Bush, Chris Christie, John Kasich, Ted Cruz, Marco Rubio – hätte ein Mainstream-Kandidat bessere Chancen gegen Trump gehabt. Falls nun nach dem «Super Tuesday» weitere Kandidaten aussteigen, wird die Opposition gegen Trump stärker und die moderaten republikanischen Wähler werden sich langsam hinter einem der dann noch verbliebenen Konkurrenten Trumps vereinen.
Die moderaten republikanischen Wähler könnten sich bald gegen Trump vereinen.
Bei den Demokraten dürfte sich Ihrer Ansicht nach Hillary Clinton nach dem «Super Tuesday» etwas von Bernie Sanders absetzen. Warum?
Es werden in etlichen US-Südstaaten Vorwahlen abgehalten und dort gibt es viele schwarze Wähler. Diese stehen zu einem grossen Teil auf der Seite Clintons. Sie hat Obama in den letzten Wochen des Vorwahlkampfs regelrecht umarmt und betont, sie sei die Erbin Obamas. Clinton sagte auch, Obama habe viel mehr für die USA getan als viele wahrgenommen hätten. Das ist für die schwarzen Wähler eine sehr positive und wichtige Botschaft. Entsprechend konnte Clinton schon in South Carolina einen sehr deutlichen Sieg einfahren. Der Erfolg von Bernie Sanders in New Hampshire andererseits erklärt sich damit, dass er dort ein Heimspiel hatte. Der Bundesstaat liegt ja gleich neben Sanders Heimatstaat Vermont, und dort leben vor allem weisse Amerikaner.
Wird Bernie Sanders danach noch einmal zurückkehren oder ist das Rennen bei den Demokraten nach dem «Super Tuesday» gelaufen?
Das ist schwierig zu sagen. Die diesjährigen Vorwahlen haben schon so manche Überraschung bereitgehalten, dass ich derzeit keine definitive Prognose abgeben möchte. Sanders hat angekündigt, dass er auf jeden Fall weitermachen will, er verfügt auch über eine gut gefüllte Kriegskasse. Wahrscheinlich kommt es darauf an, wie viele Delegiertenstimmen er heute holen kann. Es könnte sein, dass sein Rückstand auf Clinton danach einfach zu gross ist, um ihn noch aufholen zu können.
Der «Super Tuesday» wird den US-Vorwahlkampf also nicht entscheiden, eine Art Weichenstellung darf man aber durchaus erwarten?
Bei den Demokraten auf jeden Fall. Ich erwarte eine deutliche Stärkung Hillary Clintons. Bei den Republikanern dagegen ist eine definitive Prognose schwierig zu machen. Sollte Trump erneut sehr gut abschneiden, sieht es für ihn nach dem «Super Tuesday» überraschend gut aus. Trotzdem könnte er aber in den nächsten Monaten noch von einem Konkurrenten überholt werden.
Das Gespräch führte Christoph Kellenberger.
«Super Tuesday»: Diese Kandidaten sind noch im Rennen
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Bild 1 von 9. Demokratische Partei. Der Esel als Symbol der Demokratischen Partei. Es geht zurück auf den Präsidentschaftswahlkamp 1828 des Demokraten Andrew Jackson, der von seinen Gegnern «Esel» genannt wurde. Jackson entschied sich dann, das willensstarke, intelligente und tapfere Tier auf die Wahlplakate aufzunehmen. Hier die Kandidaten der Demokratischen Partei. Bildquelle: Dem.
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Bild 2 von 9. Hillary Clinton (Demokratin):. Hillary Clinton (68), ehemalige Aussenministerin und Senatorin aus New York. Sie ist vertraut mit dem Weissen Haus aus ihrer Zeit als First Lady neben Präsident Bill Clinton. Hillary gilt nach ihrem Sieg in South Carolina wieder als Favoritin. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. Bernard Sanders (parteilos, kandidiert als Demokrat):. Bernie Sanders (74), parteiloser Senator aus Vermont, der sich selbst als demokratischer Sozialist beschreibt. Er kämpft gegen die ungleiche Verteilung von Reichtum. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 9. Der «republikanische» Elefant erschien erstmals 1874 in der Zeitschrift «Harper's Weekly» als Karikatur. Darauf verängstigt ein demokratischer Esel mit Löwenfell alle Tiere in einem Zoo, ausser einem Elefanten (stark und würdevoll), gekennzeichnet als die «republikanische Stimme». Hier die Kandidaten der Republikanischen Partei. Bildquelle: rep.
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Bild 5 von 9. Donald Trump (69), milliardenschwerer Immobilien-Magnat. Durch seine TV-Auftritte ist er landesweit bekannt und durch sein Vermögen von Spenden unabhängig. Trump führt seit Wochen in zahlreichen Umfragen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. Marco Rubio (Republikaner): . Marco Rubio (44), Senator aus Florida. Er wurde mit dem Aufkommen der Tea-Party-Bewegung gewählt, machte sich aber mit seiner Unterstützung einer gescheiterten Einwanderungsreform bei den Konservativen unbeliebt. Rubio gilt inzwischen als Kandidat des republikanischen Establishments. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Ted Cruz (Republikaner): . Ted Cruz (45), Senator aus Texas. Der Harvard-Absolvent ist ein Liebling der Erzkonservativen und wendet sich ausdrücklich an christliche Wähler. Cruz kam als Sohn eines kubanischen Einwanderers und einer US-Bürgerin in Kanada zur Welt. Bildquelle: Reuters .
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Bild 8 von 9. John Kasich (Republikaner): . John Kasich (63), ehemaliger Investmentbanker bei Lehman Brothers und Gouverneur von Ohio. Er verfügt über langjährige Erfahrung in der Politik und wird als Kandidat der politischen Elite gehandelt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Ben Carson (Republikaner):. Ben Carson (64), ehemaliger Neuro-Chirurg. Er wirbt mit seinem Status als Quereinsteiger und politischer Neuling. Carson ist der einzige schwarze Kandidat bei beiden Parteien. Bildquelle: Reuters.