Der Ständerat hat mit den Beratungen des neuen Tabakproduktegesetz begonnen. Der umstrittenste Punkt: Der Gesetzesentwurf will die Werbung für Tabakprodukte weiter einschränken. Diese Einschränkungen gehen den einen zu wenig weit, den anderen zu weit. Nur schon die Frage, ob der Ständerat überhaupt die Details des Gesetzentwurfs diskutieren oder das neue Tabakgesetz direkt an den Bundesrat zurückweisen soll, war umstritten.
Ein wichtiger Akteur in dieser Debatte ist auch die Tabakindustrie, welche in der Schweiz stark vertreten ist. Gleich drei der vier weltweiten Tabakmultis haben ihren Hauptsitz oder einen wichtigen Standort hierzulande. Schätzungen zufolge schafft die Zigarettenindustrie rund 10‘000 direkte Arbeitsplätze und generiert ein Prozent des Bruttoinlandproduktes. Das ist etwa gleich viel wie die Landwirtschaft.
Gleich viel Export von Zigaretten wie von Käse
Die Zigarettenfabriken in der Schweiz profitieren von der im Vergleich zur EU lockeren Gesetzgebung. So dürfen hierzulande beispielsweise Zigaretten produziert werden, welche die Nikotin- und Teer-Grenzwerte der Schweizer und der EU überschreiten – wenn sie ins Ausland exportiert werden und dort solche «dreckigeren» Zigaretten legal sind. In der EU hingegen ist nur die Produktion von Zigaretten erlaubt, welche die EU-Grenzwerte einhalten. Unter anderem deshalb sind Schweizer Zigaretten ein Exportschlager.
Die wichtigsten Abnehmer unserer Glimmstängel sind Japan, die Arabische Halbinsel, Libanon, Israel, Palästina sowie der afrikanische Kontinent. Insgesamt exportiert die Schweiz Zigaretten im Wert von über einer halben Milliarde Franken. Das ist gleichviel wie der Exportschlager Schweizer Käse.
Tabakindustrie will «günstige» Rahmenbedingungen beibehalten
Die drei grossen Tabakfirmen Japan Tobacco International (Winston, Camel, etc.), Philip Morris (z.B. Marlboro, Philip Morris, Chesterfield) und British American Tobacco (u.a. Pall Mall, Lucky Strike) lobbyieren für weiterhin lockere Gesetze. Das neue Tabakgesetz lehnen sie ab, weil die Einschränkung der Werbung ein zu starker Eingriff in ihre Wirtschaftsfreiheit sei.
«Wir finden, dass man ein legales Produkt bewerben darf. Dafür setzen wir uns ein. Wir sprechen mit anderen Verbänden, ob sie unsere Meinung aufnehmen. Wir versuchen, Mehrheiten für unsere Positionen zu finden», sagt Nastasja Sommer, Mitglied der Geschäftsleitung bei Japan Tobacco und Vorstandsmitglied des Branchenverbandes Swiss Cigarette.
Keine Kompromisse bei der Gesundheit
Auch die Arbeitsgemeinschaft für Tabakprävention ist mit dem Tabakgesetz nicht glücklich. Für sie gehen die Werbeverbote zu wenig weit. Markus Beutler ist enttäuscht, dass das Lobbying der Industrie wirkt: «Der Bundesrat ist der Wirtschaft entgegengekommen. Er hat selber gesagt, dass er das Werbeverbot nicht allzu weit gestalten möchte. In unseren Augen hat er einen Kompromiss gemacht – auf Kosten der Gesundheit. Wir sind der Ansicht, dass man hier keine Kompromisse machen sollte.»
Die Debatte im Ständerat drehte sich vor allem um die Frage, ob der Gesetzesentwurf zu weit oder zu wenig weit geht. Die Gesundheitskommission beantragt, das Gesetz an den Bundesrat zurückzuweisen. Die Debatte im Ständerat geht nächsten Dienstag weiter.