Sie hebt kurz die Hand, dann ihre Stimme: Eugénie Guédat, Kundenbegleiterin bei der SBB, versucht gerade, einen aggressiven Passagier zu besänftigen. Dies im Ausbildungsraum im Keller des neuen SBB-Security-Trainingszentrums in Muntelier FR. Es braucht Training, um im Ernstfall richtig reagieren zu können.
Solche Erlebnisse sind sehr emotional.
Aggressive Reisende, Drohungen und Pöbeleien: Solche Situationen erlebe man im Zug immer wieder, sagt Guédat. «Mein schlimmstes Erlebnis war, als ich bei einer Billettkontrolle physisch angegriffen wurde.» Ihr fällt es schwer, über die Attacke zu sprechen. «Solche Erlebnisse sind sehr emotional», sagt Eugénie Guédat.
Nicht mehr, aber heftigere Attacken aufs Zugpersonal
Im Schnitt gibt es pro Tag zehn gemeldete Übergriffe auf das SBB-Personal. Diese Zahl ist in den letzten Jahren stabil geblieben. Die Vergehen werden laut SBB aber immer gröber. Das bestätigt auch Jürg Hurni von der Gewerkschaft des Verkehrspersonals SEV: «Im schlimmsten Fall ist das Personal verletzt und muss ins Spital, das ist nicht einfach zu verarbeiten».
Die Gewerkschaft hatte in der Vergangenheit die SBB mehrmals kritisiert. Etwa weil verschiedene Posten der Transportpolizei geschlossen wurden oder weil immer häufiger Mitarbeitende der SBB einen Zug alleine begleiten mussten und in schwierigen Situationen niemand helfen konnte.
Hat die SBB das Thema Sicherheit zuletzt zu wenig ernst genommen? Linus Looser, Mitglieder der SBB-Konzernleitung, sagt: «Wir müssen nicht über Fehler sprechen, sondern gemeinsam sicherstellen, dass der ÖV auch in Zukunft sicher bleibt.» Heute habe man ein sehr hohes Sicherheitsempfinden, sowohl in den Zügen wie an Bahnhöfen.
Mehr Zugbegleiterinnen in Zügen
Zudem reagiere man auf Veränderungen. Deshalb hat die SBB nun verschiedene Massnahmen umgesetzt, um die Sicherheit zu verbessern: Seit September sind die Mitarbeitenden der Transportpolizei mit Bodycams ausgestattet – also mit Kameras, die alle Einsätze filmen können.
Zudem sollen insbesondere auf den Linien und zu den Zeiten, an denen am häufigsten Gewaltsituationen vorkommen, Zugbegleiterinnen stets wieder zu zweit unterwegs sein. Bei den Fernverkehrslinien ist dies auf allen Strecken ab 22 Uhr der Fall.
Und auch die Zugbegleiterin Eugénie Guédat ist froh, dass die SBB sich verstärkt dem Thema Sicherheit widmen will. Und dass die Ausbildung mehr Gewicht erhält. Denn das, was sie in der Ausbildung gelernt hat, habe sie in der Praxis auch schon anwenden können. «Wenn man beispielsweise einen Schritt zurückgeht, kommt es womöglich nicht zur Eskalation. Und damit nicht zu einer Aggression.»