Ein junger Schüler ertrinkt – obwohl das Schwimmbad voll ist. Dieser tragische Vorfall in der Nachbarstadt Konstanz sei ausschlaggebend gewesen, so der Kreuzlinger Stadtrat Daniel Moos. «Niemand hat bemerkt, dass der Junge ertrinkt.»
Dieser Fall soll sich in Kreuzlingen TG nicht wiederholen. Darum wurde in den Sommerferien im Hallenbad Egelsee das KI-Überwachungssystem Swim Eye eingebaut. Kostenpunkt: rund 250'000 Franken. Mithilfe von Kameras werden künftig Bewegungen unter Wasser ausgewertet. Das Ziel: Leben retten.
Das System schlägt nach wenigen Sekunden Alarm, soll erkennen, wenn sich eine Person kaum mehr bewegt und zu ertrinken droht. Der Alarm geht direkt auf das Handy der Badeaufsicht. In diesen Tagen werden die Kameras kalibriert. Taucher simulieren Ertrinkende. So soll das System lernen, wann es im Bassin zu reagieren hat und wann nicht.
Sind die Kameras datenschutzkonform?
Der Datenschutz sei hierbei sicher ein grosses Thema, sagt Daniel Moos. Das Überwachungssystem sei konform mit dem Videoreglement der Stadt: Die Bilder werden nur bei Vorfällen gespeichert, das System ist nicht mit dem Internet verbunden.
Der Kreuzlinger Stadtrat vergleicht das System mit einem Bewegungsmelder an der Türe. «Natürlich haben sich einzelne Badegäste besorgt gezeigt, ob sie jetzt auch im Unterwasserbereich überwacht werden. Wir konnten die Gäste mit den entsprechenden Informationen versorgen und haben auch das entsprechende Verständnis dafür erhalten», sagt Daniel Moos.
Die Reglemente sind punkto Datenschutz von Stadt zu Stadt, von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Die Stadt Luzern setzt schon seit 2012 auf Unterwasserüberwachung. Dort sei der Datenschutz im Reglement des Hallenbads geregelt, heisst es auf Anfrage. Die Stadt Bern regelt es über das städtische Videoreglement. Erst letzte Woche entschied das Stadtparlament, dass dies zulässig sei. In Kreuzlingen entschied der Stadtrat nach diversen Abklärungen.
SLRG steht dahinter, hat aber Bedenken
Erst wenige Städte und Dörfer in der Schweiz setzen auf Künstliche Intelligenz im Hallenbad. Pionierin Luzern kam durch einen politischen Antrag dazu. Alex Roos, Leiter Anlagen und Betriebe des Hallenbads Allmend, sagt zu seinen Erfahrungen mit dem System: «Als wir es in Betrieb nahmen, lief das System nicht so zuverlässig. Je mehr dies jetzt aber eingesetzt wird, umso besser wird es und umso besser entwickelt es sich.»
Ganz ohne Menschen wird es nicht gehen.
Die Schweizerische Lebensrettungsgesellschaft (SLRG) stellt sich hinter KI im Hallenbad. Mediensprecher Christoph Merki sagt: «Ich sehe ganz klar Chancen, damit wir tatsächlich schneller bemerken, dass eine Person in Not ist und dass man schneller vor Ort ist und die nötige Hilfe zur Verfügung stellen kann.»
Es gebe aber gewisse Bedenken, so Merki weiter, zum Beispiel eben der Datenschutz. Oder: «Dass man sich zu fest auf die Technik verlassen will. Weil klar ist: Ganz ohne Menschen wird es nicht gehen. Aber als Hilfe ist KI sicher ein gutes Tool, dass der Mensch Notsituationen schneller entdeckt.»