Es ist ein harziger Start in die Saison. Die Weltcuprennen in Zermatt sind abgesagt. Sie sind dem warmen Wetter zum Opfer gefallen. Dazu kommen die finanziell angespannte Situation aufgrund der Inflation und die Energiekrise. Wie sich die Skiverbände darauf vorbereiten, erläutert Urs Lehmann, Präsident von Swiss-Ski.
SRF News: Wie bereiten sich die Verbände auf Probleme wie Wetterkapriolen und Schneemangel vor?
Urs Lehmann: Die Wetterkapriolen kann man nicht voraussehen. Aber das zweite ist die Klimaerwärmung. Entsprechend muss man sich die Frage stellen, ob man die Rennen nicht später im Jahr ansetzen will. Eine bis zwei Wochen können viel ausmachen. Es gibt auch die Option, die Rennen noch später anzusetzen. Das Konzept rund um die Matterhornrennen ist eine Innovation, wie sie sich der Sport wünscht.
Die Klimafrage ist das eine, finanzielle Schwierigkeiten das andere. Wie sehen Sie dieses Risiko?
Die Inflation belastet die Wirtschaft und den Sport. In der Schweiz haben wir zum Glück langfristige Verträge. Events sind meines Erachtens für kommende Saisons sind abgesichert. Aber für die langfristige Entwicklung sind die Inflationsraten besorgniserregend.
Wie begegnen Sie dem?
Man muss sich überlegen: Kann man die Schweiz anders, kostengünstiger aufstellen? Auf Events, die sich nicht gut vermarkten lassen, wird man vielleicht verzichten müssen. Man ist noch mehr gefordert, noch attraktiver für Sponsoren zu sein. Die richtige Antwort per se gibt es nicht, weil sie so vielschichtig ist. Aber wir haben uns in der Schweiz in den letzten Jahren sehr intensiv mit den Organisatoren beschäftigt. Wir sind gut aufgestellt.
Wo könnte man sparen?
Die Millionenbudgets dieser Riesenevents sind bekannt. Man kann den VIPs anstatt feudale Stühle Holzstühle hinstellen. Da gibt es immer Möglichkeiten, wenn es sein muss. Deswegen habe ich nicht so wahnsinnig Bauchschmerzen, dass wir die anstehenden Herausforderungen nicht auch meistern.
Ist es sinnvoll, in der aktuellen Situation eine «normale» Weltcupsaison durchführen zu wollen?
Es ist noch nicht bewiesen, dass sie normal wird. Selbstverständlich haben wir uns die Energiefrage gestellt. Wir sind daran, innovative Modelle auszuarbeiten. Ob es dann berechtigt ist oder nicht: Wir stehen für den Sport und unsere Athleten.
Es ist für uns keine Option, keine Rennen durchzuführen.
Wir möchten den Athleten die bestmöglichen Rahmenbedingungen liefern. Und sicherstellen, dass sie an den angestammten Rennen teilnehmen können. Und das so kosten- oder energieschonend wie möglich. Es ist für uns keine Option, keine Rennen durchzuführen oder den Athleten keine Basis zu bieten.
Befürchten Sie, dass das Verständnis beim Publikum für energieintensive Skirennen schwindet, wenn man zu Hause die Stube nicht mehr richtig heizen kann?
Zum Glück ist das im Moment eine Hypothese. Selbstverständlich kann das passieren. Ich hoffe, dass man das aber vielleicht auch in Kauf nimmt, wenn zu Hause anstatt 22 Grad 21 Grad sind.
Wie kann sich der Skisport in den nächsten Jahren und Jahrzehnten aufstellen?
Diese grossen Events haben eine Berechtigung. Die Leute im Sport wollen nicht darauf verzichten. Sonst stellen wir die Grundsatzfrage: Wollen wir überhaupt noch Sport? Oder einen Weltcup? Aber solange man sagt und daran glaubt, dass der Skirennsport eine wichtige Stellung hat in der Schweiz, brauchen wir die Events. Und da sollten wir uns die Frage stellen: Wie können wir diese Events, ganz generell unseren Sport so ressourcenschonend wie möglich gestalten und durchführen?
Das Gespräch führte Christina Scheidegger.