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Sondierungsbericht Mitholz: Risiko geringer, aber Milliardenplan bleibt

  • Der Sondierungsbericht des Bundes kommt zum Schluss: Das Explosionsrisiko im Munitionslager Mitholz BE ist deutlich geringer als bisher angenommen.
  • Dennoch hält der Bund an den aufwendigen Schutzmassnahmen für die Räumung fest.
  • Politiker würden das Geld lieber anderswo investieren.

Wie gefährlich ist die Munition in Mitholz? Ist der Fels ein Pulverfass oder nicht? Seit Jahren wird über die Gefährlichkeit des Munitionslagers Mitholz im Berner Oberland diskutiert. Jetzt hat das Bundesamt für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) über den neusten Stand der Risikoeinschätzung informiert.

Mitholz: was bisher geschah

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  • Im Winter 1947 explodiert ein Teil des ehemaligen Munitionslagers der Schweizer Armee im Berg ob Mitholz. Neun Menschen sterben, viele werden verletzt, noch mehr obdachlos.
  • Jahrelang heisst es, von der Fluh gehe keine Gefahr mehr aus. Doch 2018 kommt ein neues Gutachten zum Schluss, die Munitionsreste im Berg könnten noch explodieren.
  • Der Bund beschliesst eine vollständige Räumung. 2023 bewilligt das Parlament einen Kredit von 2.59 Milliarden Franken. Dazu gehören aufwendige Schutzmassnahmen für Dorf, Strasse und Schiene – ein Teil der Bevölkerung muss wegziehen.

Nun geben die Verantwortlichen erstmals Einblick in den Bericht über die Sondiergrabungen im zum Teil verschütteten Bahnstollen. Munitionsspezialisten kommen darin zum Schluss: Das Explosionsrisiko ist deutlich tiefer als angenommen. Im Bericht steht: «Bisher wurden nur vereinzelte 50-Kilo-Fliegerbomben angetroffen. Bei einer so geringen Konzentration sind Massenereignisse ausgeschlossen.»

Rostige Munitionsreste liegen zwischen Steinen.
Legende: Aus dem zugänglichen Teil des Bahnstollens hat die Armee bereits zahlreiche Granaten fachgerecht entsorgt. SRF / Matthias Thomi

Das VBS sei bei seiner Beurteilung vom Worst Case ausgegangen, also einer Explosion mit mehreren Tonnen Sprengstoff. «Das ist aber extrem unwahrscheinlich», heisst es im Bericht.

Worst-Case-Szenario ausschliessen

Dennoch hält das VBS an seiner ursprünglichen Risikoanalyse fest. «Ein Explosionsereignis mit mehreren Munitionsobjekten kann nicht ausgeschlossen werden», heisst es in einer Mitteilung. Drei Viertel des Bahnstollens seien für Sondiergrabungen nicht zugänglich gewesen. Folglich könne nicht abgeschätzt werden, wie gross das Risiko tatsächlich sei. Solange man den Worst Case nicht ausschliessen könne, fahre man wie geplant fort.

Das bedeutet: Der Sicherheitsperimeter für die Bevölkerung bleibt, ebenso die Schutzbauten für Bahn und Strasse. Geplant ist nebst der Verlängerung des Mitholz-Tunnels eine Schutzgalerie über der Bahnlinie. «Sie sind für die sichere Durchquerung des Gefahrenbereichs unverzichtbar.»

Kritik an den Kosten

Wie reagieren Politikerinnen und Politiker auf die Informationen des VBS? Immerhin hat das Parlament für die vollständige Räumung des Munitionslagers einen Kredit von 2.59 Milliarden Franken bewilligt.

Es wäre wünschenswert, wenn wir frei werdende Mittel in Rüstungsprojekte investieren könnten.
Autor: Reto Nause Mitte-Nationalrat Bern

Der Berner Mitte-Nationalrat Reto Nause sagt: «Die vorgesehenen Schutzbauten müssen realisiert werden. Aber: Experten müssen beurteilen, ob man dort Abstriche machen kann.»

Für Nause ist klar: «Falls Mittel frei werden, wäre es wünschenswert, wenn wir diese in Rüstungsprojekte investieren könnten.» Es brauche jedoch parlamentarische Schritte, um diese Gelder ins VBS umlagern zu können.

Die Katastrophe von Mitholz 1947

Auch SVP-Nationalrat Erich Hess fordert, dass der Bund eine Kostensenkung prüft. «Das Geld soll der Armee zur Verteidigung unseres Landes zugutekommen.»

Wir müssen die Sicherheit der Menschen und der Natur – sprich Grundwasser – garantieren.
Autor: Andrea Zryd SP-Nationalrätin Bern

Anderer Meinung ist SP-Nationalrätin Andrea Zryd: «Es sieht weniger schlimm aus als gedacht, aber nichtsdestotrotz muss man die Sicherheit der Menschen und der Natur – sprich Grundwasser – garantieren. Sollte Geld übrig bleiben, muss dieses in die Bildung und das Gesundheitswesen investiert werden.»

SRF 4 News, 16.4.2025, 21:00 Uhr ; 

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