Rekordverdächtig lange dürften sie dieses Jahr werden: die Blechlawinen vor dem Gotthard-Nordportal. Dies prognostiziert das Bundesamt für Strassen. Denn unter anderem in den Kantonen Aargau, Bern, Freiburg, Luzern, Ob- und Nidwalden starten am Freitag gleichzeitig die Osterferien.
Stossstange an Stossstange, so weit das Auge reicht. Dies bedeutet auch: Die Kantonsstrasse durchs Urner Reusstal verkommt zur Ausweichroute. Zum Unmut der Anwohnerinnen und Anwohner.
Vorbeugende Massnahmen
Um dem vorzubeugen und den Verkehrskollaps vor dem Gotthardtunnel zu verhindern, schaltet der Kanton Uri nun einen Gang höher. Ab Mittwoch (5. April) treten drei Massnahmen auf einmal in Kraft:
- Barriere in Göschenen zu: Die Barriere bei der Autobahneinfahrt Göschenen in Richtung Süden wird bei Stau nicht mehr geöffnet.
- Einfahrt Wassen geschlossen: Die Autobahneinfahrt Wassen in Richtung Süden bleibt bei einem Stau ab vier Kilometern Länge zu.
- Weniger Tempo: Ab acht Kilometern Stau wird die Geschwindigkeit auf der Autobahn A2 ab Beckenried bis zum Gotthard-Strassentunnel auf 80 km/h reduziert. Auf der A4 gilt ab Goldau bis Brunnen ebenfalls Tempo 80.
Der Kanton Uri hat diese Massnahmen unter anderem zusammen mit den betroffenen Gemeinden, der Kantonspolizei und dem Bundesamt für Strassen (Astra) beschlossen. Sie sollen bis zur Öffnung des Gotthardpasses in Kraft bleiben.
Polizei will Ausweichler in die Schranken weisen
Dass die Arbeitsgruppe gleich an mehreren Orten den Hebel ansetze, sei nötig. Das sagt Thorsten Imhof, Kommandant der Urner Kantonspolizei: «Koppeln wir die drei Massnahmen, ist dies die zielführendste Wirkung.»
Insbesondere die geschlossenen Einfahrten sollen Ausweichler in die Schranken weisen. Sie sorgen dafür, dass die Reise in den Süden ab Amsteg über die Autobahn erfolgen muss. Und indem Wohnmobile und Autos frühzeitig das Tempo drosseln müssen, soll der komplette Stillstand verhindert werden. Denn verstopfte Strassen könnten gerade für Ambulanzen und Feuerwehren fatale Folgen haben.
Wir haben aus dem letztjährigen Pilotversuch unsere Lehren gezogen.
Um den Verkehr vor dem Kollaps zu bewahren, startete der Kanton bereits Ende Juli 2022 einen Versuch. Ab einer Staulänge von fünf Kilometern blieb die Autobahneinfahrt Wassen zu. Unschöne Szenen folgten: Einige Schlaumeier kehrten kurzerhand von der Kantonsstrasse via Ausfahrt auf die Autobahn zurück. «Wir haben daraus unsere Lehren gezogen», sagt Kommandant Imhof. Entsprechend markiert die Polizei in den nächsten Tagen Präsenz.
IG verfolgt Staumeldungen heuer besonders
Ob die Massnahmen greifen, wird mindestens ein Anwohner ganz genau beobachten: Jonathan Imhof aus Intschi. Als Vertreter der Interessengemeinschaft IG Kanton Uri hat er letztes Jahr eine Online-Petition mitinitiiert. Und die damals zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga, das Bundesamt für Strassen sowie den Kanton Uri zum Handeln aufgefordert.
Wir werden gehört.
«Ich finde es stark, dass der Kanton handelt», sagt Imhof. Dies zeige: «Wir werden gehört.» Dass Uri in Zusammenarbeit mit dem Bund nach Lösungen suche, sei «ein zentrales Anliegen», um die Situation für die Bevölkerung zu verbessern.
Sollten die Massnahmen die Autokolonnen nur wenig zähmen, behält sich die IG vor, weiterhin Druck auszuüben. Denn mit den Sommermonaten kommt der Reiseverkehr Richtung Süden bekanntlich erst recht in Fahrt. Oder steckt eben erst recht im Stau …