Die Produktion von Kleidern benötigt viele Ressourcen: Ein einziges T-Shirt aus Baumwolle verschlingt 2700 Liter Wasser – vom Anbau der Pflanzen bis zum Färben des Garns.
Das ist so viel, wie ein Mensch in zweieinhalb Jahren trinkt, rechnet der WWF. Die Textildesignerin Tina Moor sucht deshalb nach Naturfasern, welche weniger Wasser verbrauchen als Baumwolle.
Das Problem: Die Fasern müssen sehr robust sein. «Strickmaschinen oder Webmaschinen laufen unglaublich schnell», erklärt Tina Moor. Und: Neue Garne zu testen, ist gar nicht so einfach.
Als die Textildesignerin einmal ein Bündel Bananenfasern verarbeiten lassen wollte, antwortete die angefragte Firma: «Schick uns 250 Kilo.» Da habe sie gewusst: «Wir brauchen ein Spinnlabor für kleine Mengen.»
Dieses hat Tina Moor vor einem Jahr in Emmenbrücke an der Hochschule Luzern eingerichtet. Im sogenannten SpinnLab können auch nur 40 Gramm einer Faser zu Garn gesponnen und zu Stoff verwebt werden.
Brennnessel: Unkraut mit Potenzial
Eine Pflanze, welche den Härtetest im Labor bestanden hat, ist die Brennnessel. Tina Moor und ihr Team haben es geschafft, aus den Stängeln des Unkrauts Stoff herzustellen. Auf der Haut fühlt sich dieses Material alleine aber zu rau an. Mische man ins Garn aus Brennnesseln jedoch weiche Viskose, eigne sich der Stoff als T-Shirt, sagt Tina Moor.
Es gibt bereits Unternehmen, die Interesse an Brennnessel-Fasern haben.
Damit ein solches Kleidungsstück aber in Massen produziert werden kann, müssen auch weitere Faktoren stimmen. Etwa bei der Zucht der Pflanzen. In Zusammenarbeit mit dem SpinnLab testen zwei Bauern deshalb, ob sich die Brennnessel überhaupt in grossen Mengen kultivieren lässt.
Kissenbezug statt T-Shirt?
Nina Bachmann arbeitet beim Verband Swiss Textiles im Bereich Technologie und Nachhaltigkeit (siehe Box). Sie ist zuversichtlich, dass die Brennnessel den Durchbruch an den Markt schaffen wird: «Es gibt bereits Unternehmen, die Interesse an diesen Fasern haben.»
Ob aus dem Unkraut einst wirklich Brennnessel-Shirts werden, ist offen. Es gäbe aber durchaus andere Einsatzgebiete – etwa für Möbel- oder Kissenbezüge.