Wenn auf so hoher Ebene davon gesprochen wird, man habe «weiterhin erhebliche Differenzen», dann heisst das ausgedeutscht: Es hat politisch nicht gefunkt. Zwischen uns liegen Welten. Wir finden uns nicht.
Wenn Bundespräsident Guy Parmelin nach dem Treffen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen also diese Worte sagt, kann man davon ausgehen, dass eine Einigung beim Rahmenabkommen sehr unwahrscheinlich ist. Auch wenn die Chefunterhändlerinnen der beiden Seiten miteinander in Kontakt bleiben sollen.
Schweizer Forderungen gehen der EU zu weit
Doch wenn die Positionen so weit auseinanderliegen, sind technische Verhandlungen kaum das richtige Instrument, um einen Durchbruch zu erzielen, der das gemeinsame Feuer für das Anliegen wieder entfachen könnte. Auch das ist ein Indiz dafür, dass das politische Spitzentreffen dem Rahmenabkommen heute keinen neuen Sauerstoff zugeführt hat. Im Gegenteil: Die Schweiz hat mit ihren weitgehenden Forderungen klargemacht, dass sie bereit ist, das Rahmenabkommen sterben zu lassen.
Woraus diese Forderungen exakt bestanden, wurde zwar nach dem Treffen nicht klar. Die EU sagte, die Schweiz habe die bekannten drei Punkte Unionsbürgerrichtlinie, Lohnschutz und Staatsbeihilfen gänzlich ausklammern wollen – was aus EU-Sicht nicht infrage komme.
Bundespräsident Parmelin hingegen sprach lediglich davon, in diesen Punkten Lösungen zu wollen, die Schweiz habe Vorschläge gebracht. Möglicherweise liefen die Vorschläge der Schweiz darauf hinaus, die heiklen Bereiche sogenannt zu «immunisieren», sie also auszunehmen von der dynamischen Rechtsübernahme und der Streitschlichtung unter Einfluss des Europäischen Gerichtshofes. Sicher ist das aber nicht. Denn der Bundespräsident sprach zwar von Klarheit, schaffte selbst aber auch auf mehrmaliges Nachfragen hin keine.
Ein Funke Hoffnung bleibt
Unabhängig davon, wie die Schweizer Vorstellungen im Detail aussehen: Für die EU gehen sie viel zu weit. Das war dem Bundesrat mit Sicherheit bewusst. Der gesprächsbereiten EU solche Forderungen zu stellen, kann man damit als freundliche Form einer Absage interpretieren. Eine, die man gegen innen auch gut verkaufen kann: Seht her, wie selbstbewusst wir verhandelt haben. Seht her, wie ernst wir eure Bedenken nehmen.
Aus Sicht jener, die das Rahmenabkommen wollen, besteht zwar noch ein Funke Hoffnung. Weil der Bundesrat heute immerhin noch nicht das letzte Flämmchen erstickt hat. Das Rahmenabkommen ist auf Schweizer Seite wie ein Feuer, von dem fast nur noch Asche übrig ist.
Es fällt schwer zu glauben, dass die Befürworter des Abkommens aus dem bisschen Glut, das übrig geblieben ist, ein loderndes Feuer entfachen können. Eher ist zu erwarten, dass es noch ganz erlöscht. Und irgendwann, auf einem anderen Platz, die EU und die Schweiz gemeinsam versuchen werden, anderes Brennholz aufzutürmen, für ein neues, anderes Feuer.