Im Herbst wird es laut dem neuesten Wahlbarometer eine Korrekturwahl geben: Die Grünen verlieren einen guten Teil ihrer Gewinne wieder, die sie bei den eidgenössischen Wahlen 2019 eingefahren haben. Im Gegenzug dürfte die SVP die Verluste von damals wieder teilweise korrigieren.
Die Umfrageergebnisse zeigen also, wenn sich im Sommer nicht mehr Grosses ereignet, dürften die Grünen mit einiger Wahrscheinlichkeit verlieren. Dies, obwohl der Klimawandel laut Wahlbarometer nach wie vor die grösste Sorge der Schweizer Bevölkerung ist – noch vor den steigenden Krankenkassenprämien oder der Zuwanderung. Warum die Grünen trotzdem im Negativ-Trend sind, dazu gibt es mehrere Antworten.
Die wichtigste Antwort: Die Klimastreiks verhalfen der Partei 2019 zu einer ungewöhnlich starken Mobilisierung, vor allem unter den Jungen. Eine solche Mobilisierung schafft die Partei nicht mehr aus eigener Kraft. Die grüne Welle von damals ist nicht mehr da – auch die GLP ist nur noch mit minimen 0.5 Prozentpunkten im Plus.
Im Schatten der SP
Eine weitere Antwort: Die Grünen haben es bei den Themen nicht geschafft, aus dem Schatten der SP zu treten. Laut der «SonntagsZeitung» stimmten die SP und die Grünen etwa im vergangenen Jahr in über 94 Prozent der Abstimmungen gleich ab. In diesem Jahr fällt allerdings eine Ausnahme auf.
Bei der Weitergabe von Kriegsmaterial positionierten sich die Grünen anders als die SP. Während die SP umschwenkte und Drittländern die Weitergabe von in der Schweiz gekauftem Kriegsmaterial in die Ukraine unter gewissen Bedingungen erlauben will, bleiben die Grünen hier hart. Sie unterscheiden sich damit von der SP ausgerechnet mit einer Position, die sich nicht allen Wählerinnen und Wählern gut verkaufen lässt.
Ohne bundesrätliches Aushängeschild
Ebenfalls eine Rolle beim schlechten Abschneiden der Grünen Partei – wenn auch eine untergeordnete – spielt Parteipräsident Balthasar Glättli. Denn anders als den anderen grossen Parteien fehlt den Grünen ein Bundesrat oder eine Bundesrätin als Aushängeschild.
Glättli kommt also eine besonders wichtige Rolle als Zugpferd der Grünen Partei zu. Laut der Umfrage ist aber ausgerechnet der Grünen-Präsident der am wenigsten beliebte unter den Parteipräsidenten: Nur 42 Prozent der grünen Wählerinnen und Wähler sind zufrieden mit dem eigenen Präsidenten.
Demgegenüber schreiben dem bestplatzierten FDP-Präsident Thierry Burkart 68 Prozent der FDP-Wählerschaft einen positiven Effekt auf das Abschneiden der FDP zu.
So werden die Parteispitzen wahrgenommen
-
Bild 1 von 6. Obwohl die FDP im Vergleich zu den Wahlbarometern vom Oktober 2022 und März 2023 an Schwung verloren hat, zeigt sich die Basis der FDP noch immer ausgesprochen zufrieden mit ihrem Präsidenten. 68 Prozent der Wählerinnen und Wähler der FDP schreiben Thierry Burkart einen positiven Effekt auf das Abschneiden der Partei zu. Bildquelle: Keystone/Michael Buholzer.
-
Bild 2 von 6. Mitte-Präsident Gerhard Pfister steht zwar weiterhin an zweiter Stelle. Der Anteil der Mitte-Wählenden, der ihm einen positiven Effekt zuschreibt, ist jedoch seit März deutlich von 65 auf 57 Prozent gesunken. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeeler.
-
Bild 3 von 6. Auf dem dritten Rang folgt das Co-Präsidium der SP mit einem Zustimmungswert von 54 Prozent. Mattea Meyer und Cédric Wermuth sind jedoch auch die einzigen, die von einem relevanten Teil der Wählerbasis (10 Prozent) kritisch beurteilt werden. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
-
Bild 4 von 6. Ein stetiger Aufwärtstrend besteht bei SVP-Präsident Marco Chiesa, in dem mittlerweile 53 Prozent der Basis eine gute Wahl für das Präsidium sehen. Hier scheint sich die Tatsache positiv auszuwirken, dass die SVP seit Anfang Jahr bei verschiedenen kantonalen Wahlen und in den Wahlumfragen zugelegt hat. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeeler.
-
Bild 5 von 6. Gegenüber dem Wahlbarometer von Oktober 2022 hat GLP-Präsident Jürg Grossen einen Steigerungslauf hingelegt: Er kommt wie Marco Chiesa auf einen Zustimmungswert von 53 Prozent. Kaum jemand bescheinigt ihm allerdings einen negativen Einfluss auf die Partei. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
-
Bild 6 von 6. Das Schlusslicht bildet Balthasar Glättli, der von 42 Prozent der Grünen-Wählenden als Zugpferd seiner Partei angesehen wird. Fast jede vierte Person, die grün wählt, gibt an, die Bedeutung nicht einschätzen zu können. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
Laut der Wahlbarometer-Umfrage sind die Verluste bei den Grünen wahrscheinlich – die Frage ist nur noch, wie hoch diese sein werden. Der Parteipräsident selber gibt zu Protokoll, eine Trendumkehr sei noch möglich.