Nun ist klar, wo der Atommüll dereinst vergraben werden soll. Das geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle soll in der Region Nördlich Lägern entstehen, genauer gesagt im Kanton Zürich, in Stadel. Die Gemeinde mit gut 2000 Einwohnerinnen und Einwohner liegt nur wenige Kilometer nördlich der Stadt Zürich.
Erfreut über den Entscheid der Nagra ist man dort nicht.«Wir haben natürlich immer gehofft, dass unsere Region nicht als Standort ausgesucht wird», sagt der Stadler Gemeindepräsident Dieter Schaltegger, «aber jetzt ist es halt so.» Der Gemeinderat wolle sich aber zuerst überzeugen lassen, dass Stadel tatsächlich der sicherste Standort für ein solches Tiefenlager sei, sagte Schaltegger am Montag an einer Medienkonferenz.
Auch vor dem Einkaufsladen im Dorfzentrum von Stadel nehmen die Einwohnerinnen und Einwohner den Entscheid eher gelassen zur Kenntnis. «Natürlich sind wir nicht begeistert. Aber auch wir verursachen Abfall und brauchen Elektrizität. Wir akzeptieren deshalb den Entscheid», sagt eine Frau aus Stadel. «Irgendwo muss dieser Abfall ja hin», ergänzt ein anderer Stadler. Grosser Widerstand scheint es in der Bevölkerung der Unterländer Gemeinde nicht zu geben.
Eine Frau zeigt sich dann aber doch etwas besorgt. Sie frage sich, ob dieses Tiefenlager tatsächlich sicher sei. «Es besteht doch eine gewisse Gefahr für unsere Nachkommen. Das macht mir Angst.» Auf die Frage, ob sie sich das Tiefenlager lieber in einer anderen Region gewünscht hätte, sagt sie aber: «Nein, ich will auch nicht andere Leute damit belasten.»
Zürcher Regierung sichert Gemeinden Unterstützung zu
Ähnlich reagiert auch der Zürcher Regierungsrat auf den Standortentscheid der Nagra. Die Zürcher Regierung habe den Standort nicht gewünscht. Es sei aber wichtig, dass dieser radioaktive Abfall am sichersten Ort gelagert werde, sagt der zuständige Grüne Regierungsrat Martin Neukom. «Wenn dieser sicherste Ort bei uns im Kanton Zürich ist, dann tragen wir diese Verantwortung.» Man wolle die betroffenen Gemeinden aber bestmöglich unterstützen, betont Neukom.
Dies erhoffen sich auch die Zürcher Parteien von links bis rechts. Denn es gebe noch viele offenen Fragen. Die Frage nach dem Grundwasser etwa: «Das Tiefengrundwasser darf in keinem Fall von diesen Strahlen kontaminiert werden», sagt GLP-Kantonsrätin Nathalie Aeschbacher. Es sei wichtig, dass man nun alle Tatsachen auf den Tisch lege. Die Grüne Kantonsrätin Wilma Willi, selber im Zürcher Unterland wohnhaft, verlangt vor allem eines: Transparenz. «Das ist für uns, die in der Region wohnen, am wichtigsten.» Willi forderte schon in einem Vorstoss, dass das Prozedere durch internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler begleitet werden soll.
Auch für die SP sind noch viele Fragen ungeklärt. Besonders wichtig sei, dass die radioaktiven Abfälle irgendwann wieder ausgegraben werden könnten, sagt Kantonsrätin Sibylle Jüttner. «Dass wir irgendwann die Chance haben, besseres oder sogar sinnvolles mit diesem Abfall zu machen.» Dies findet auch Stefan Schmid von der SVP wichtig. Das sei man den zukünftigen Generationen schuldig. «Wir wissen ja nicht, ob das Material irgendwann wiederverwendet werden kann.» Auch die Frage der Abgeltung für die betroffenen Gemeinden sei noch offen, sagt Barbara Franzen von der FDP. «Es ist wichtig, dass man diesen Prozess nun anpackt.»