Zehn weitere Kantone haben die Impfaktion gegen das Coronavirus gestartet. Doch es gibt viel zu wenig Impfstoff in der Schweiz, Impftermine sind deshalb vorerst keine mehr verfügbar.
Kritik an der Organisation der Impfungen kommt von Hausärzten: In manchen Kantonen würden sie nicht in die Impfstrategie einbezogen, obwohl das notwendig wäre, sagt etwa der Hausarzt Philippe Luchsinger, Präsident des Verbands der Kinder- und Hausärztinnen.
SRF News: Melden sich in Ihrer Praxis viele Leute, die sich gerne impfen lassen würden, aber Probleme haben mit der Anmeldung?
Philippe Luchsinger: Wir haben unsere Risikopatientinnen und -patienten schon im November und Dezember befragt, ob sie sich impfen lassen wollen und die Impfwilligen auf eine Liste genommen. Sobald wir Impfmöglichkeiten haben, werden wir uns bei ihnen melden. So werden wir sie bei uns in der Praxis impfen können, sie werden nicht in eines der eingerichteten Impfzentren fahren müssen.
Warum ist es derzeit nicht möglich, sich bei seiner Hausärztin impfen zu lassen?
Zum einen muss der jetzt verabreichte Impfstoff von Biontech auf minus 80 Grad heruntergekühlt werden. Ausserdem befinden sich in einer Packung fast 1000 Impfdosen, das ist viel zu viel für eine einzelne Arztpraxis.
Wir warten auf den Impfstoff von Moderna.
Deshalb warten wir jetzt auf die Zulassung des Impfstoffs von Moderna, der im normalen Kühlschrank gelagert werden kann. Ein Impfpaket von Moderna umfasst bloss 100 Impfdosen, die über eine Woche gelagert werden können. Diese Menge kann gut in einer einzelnen Arztpraxis verarbeitet werden.
Was raten Sie den Menschen, die sich impfen lassen wollen, aber derzeit keinen Impftermin erhalten?
Man kann nicht mehr sagen, als dass jetzt Geduld gefragt ist. Es gibt zurzeit bloss eine beschränkte Anzahl Impfdosen. Alle, die geimpft werden wollen, sollen auch geimpft werden, das ist klar. Aber wir können dabei nur Schritt für Schritt vorangehen.
Sie hatten zu Beginn der Pandemie kritisiert, dass die Hausärzte zu wenig in die Bewältigung der Krise einbezogen würden. Ist das im Hinblick auf die Impfung besser geworden?
Das Problem liegt darin, dass die Impfungen kantonal organisiert werden. Manche Kantone haben die Hausärzte eingebunden, andere kaum oder gar nicht. Die Pläne einiger Kantone sehen bisher ausschliesslich Hausbesuche oder spezielle Impfzentren vor – und keine Beteiligung der Hausärzte.
Es geht nicht ohne Miteinbezug der Hausärzte.
Doch es braucht auch jemanden, der definiert, wer von den Unter-75-Jährigen tatsächlich eine Risikopatientin ist und entsprechend möglichst rasch eine Impfung bekommen soll. Das geht nicht, ohne dass die Hausärztinnen miteinbezogen werden.
Derzeit ist fehlender Impfstoff das grösste Problem. Hat der Bund da Fehler gemacht?
Soviel ich weiss, hat der Bund drei verschiedene Impfstoffe bestellt, und zwar in genügend Dosen, um die ganze Schweizer Bevölkerung zu impfen. Doch die Impfstoffdosen werden bloss nach und nach geliefert. Deshalb braucht es Zeit, bis alle Impfwilligen tatsächlich geimpft sind. Und wenn man auf Israel blickt, das es ja geschafft hat, bereits über eine Million Menschen zu impfen, hätte man vielleicht auch in der Schweiz eine andere Strategie wählen sollen.
Das Gespräch führte Brigitte Kramer.