Nebst den Bundesratswahlen am 7. Dezember beschäftigen sich National- und Ständerat in der Wintersession mit zahlreichen umstrittenen Geschäften. Wir stellen fünf wichtige vor.
Sorge um die Vorsorge
Weil die Menschen immer älter werden und gleichzeitig die Renditen der Vorsorgeeinrichtungen schrumpfen, braucht es eine Reform der beruflichen Vorsorge. Der Bundesrat will den Mindestumwandlungssatz von 6.8 Prozent auf 6 Prozent senken, womit auf einen Schlag 12 Prozent weniger Rente ausbezahlt würde. Mit Ausgleichsmassnahmen will der Bundesrat das Rentenniveau aber halten.
Die Räte sind damit grundsätzlich einverstanden. Doch über Höhe und Dauer des Ausgleichs gehen die Meinungen weit auseinander. Jetzt ist wieder der Ständerat am Zug, der die Vorlage in der Sommersession überraschend an seine Kommission für soziale Sicherheit zurückgewiesen hat. Diese möchte nun eine grosszügigere Lösung als der Nationalrat – für die Linksparteien ist sie nach wie vor ungenügend.
«Nein heisst Nein» oder «Nur Ja heisst Ja»?
Wer jemanden gegen seinen Willen zum Geschlechtsverkehr zwingt, soll in jedem Fall wegen Vergewaltigung bestraft werden, auch wenn keine Gewalt im Spiel gewesen ist. Neu soll genügen, dass das Opfer seine Ablehnung zum Ausdruck gebracht hat. Diese «Nein heisst Nein»-Lösung möchten Bundesrat und Ständerat im Sexualstrafrecht verankern.
Einer Mehrheit der Rechtskommission des Nationalrats geht das zu wenig weit. Jeder Geschlechtsverkehr, in den nicht beide ausdrücklich eingewilligt haben, soll als Vergewaltigung gelten – nach dem Motto: «Nur Ja heisst Ja».
Prämien-Schock abfedern
Weil die Krankenkassenprämien stetig steigen, will das Parlament Menschen mit tiefen Einkommen stärker unter die Arme greifen. Bund und Kantone sollen mehr Geld für die Prämienverbilligung aufwenden.
Doch das Ausmass der Prämienentlastung ist umstritten. Rund 2.2 Milliarden Franken zusätzlich hat der Nationalrat beschlossen – als Gegenvorschlag zur «Prämien-Entlastungs-Initiative» der SP. Der Kommission für soziale Sicherheit des Ständerats ist das zu teuer. Sie schlägt vor, den Bundesrat zu unterstützen, der nur 500 Millionen zusätzlich ausgeben möchte.
Wer erhält die zusätzlichen Steuereinnahmen?
Auf Druck der OECD will der Bundesrat ab Anfang 2024 eine Mindeststeuer von 15 Prozent für grosse internationale Unternehmen einführen. Das soll zusätzliche Steuereinnahmen von bis zu 2.5 Milliarden Franken pro Jahr bringen. Doch wer soll diese erhalten?
Bundesrat und Ständerat sind der Meinung, dass drei Viertel der Zusatzeinnahmen bei den Kantonen bleiben sollen. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats schlägt nun eine hälftige Aufteilung zwischen Bund und Kantonen vor. Und: Reiche Kantone sollen nicht mehr als 400 Franken pro Einwohnerin oder Einwohner behalten dürfen.
Revolution bei der Finanzierung des Gesundheitswesens
An Behandlungen im Spital zahlen die Kantone 55 Prozent, Behandlungen ausserhalb des Spitals werden vollständig von den Krankenkassen finanziert. Bereits seit 13 Jahren brütet das Parlament über einem Modell, wie man dies vereinheitlichen könnte.
Die Gesundheitskommission des Ständerates will jetzt den grossen Wurf und auch noch die Leistungen für die Pflege ins Einheitsmodell einbeziehen. Die Kantone sollen dafür zusätzliche Kompetenzen erhalten, Gesundheitsleistungen zu steuern und zu kontrollieren.