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Stopfmast und Lebendrupf Bei Daunenjacken lohnt sich genaues Hinschauen

Längst nicht alle Marken und Händler übernehmen bei Daunen-Produkten Verantwortung. Aber die Branche bewegt sich.

«Woher stammen eigentlich die Daunen in unseren Jacken und Mänteln», möchte eine Hörerin vom SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» wissen. Die Antwort darauf ist schwierig: In aller Regel stammen die kleinen Federchen von Farmen in Ostasien (insbesondere China) und Osteuropa. Doch die Lieferketten sind komplex: Zwischenhändler kaufen Ware aus aller Welt, bereiten diese auf und verkaufen sie wild durchmischt weiter. Die Rückverfolgbarkeit ist daher oft nicht gegeben.

Aufgrund der undurchsichtigen Lieferketten bleibt meist auch im Dunkeln, wie es den Tieren ergangen ist. Die Federchen können also von Gänsen und Enten stammen, die für die Produktion von Stopfleber zwangsernährt wurden. Oder im Fall von Gänsedaunen auch von lebend gerupften Tieren.

Zwei strenge Label gegen Tierleid

Wer keine «Quäl-Daune» in seiner Jacke will, muss entweder ganz auf Produkte mit Daune verzichten (siehe Box «Daunen-Alternativen»), oder aber auf entsprechende Label achten. Denn es gibt durchaus Zertifikate, die selbst Tierschutzorganisationen für vertretbar halten. Schon relativ weit verbreitet ist der Responsible Down Standard (RDS). Ein Label, das unter anderem auf Initiative der Outdoor-Marke The North Face in Zusammenarbeit mit einer Nichtregierungs-Organisation entstanden ist. RDS will garantieren, dass Federn und Daunen nicht aus Lebendrupf oder Stopfmast stammen.

Noch strenger ist der Global Traceable Down Standard (TDS), welcher mehrere Generationen der Tiere in die Lieferkette einschliesst (also nicht erst Küken, sondern auch deren Eltern). Zudem ist es selbst Schlachtbetrieben verboten, gleichzeitig Tiere von zertifizierten und nicht-zertifizierten Farmen zu verarbeiten. Beide Standards setzen zudem auch Mindestanforderungen an die Haltung von Enten und Gänsen.

Daunen-Alternativen

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Auch wenn Tierschutzorganisationen die Label RDS und TDS als zuverlässig ansehen: «Diese Standards sind nicht perfekt», sagt etwa Nina Jamal, die bei Vier Pfoten für den Bereich Federn und Daunen verantwortlich ist. «Wer hundertprozentig sicher sein will, dass mit dem Produkt kein Tierleid verbunden ist, verzichtet auf Daune.» Alternativen seien etwa rezyklierte Kunstfasern wie Primaloft und Lyocell, oder Naturfasern aus Bambus.

Allerdings heisst es beim Schweizer Outdoor-Händler Transa: «Grundsätzlich kann man der Natur wohl nicht das Wasser reichen: Was die Wärmeleistung im Vergleich zu Gewicht und Packmass angeht, so kommt im Moment aus unserer Sicht noch keine Kunstfaser an die Daune heran.» Das bedeute aber nicht, dass Daune immer besser sei. Im Vergleich zur Daune böten Kunstfasern auch in feuchten Gebieten konstante Wärmeleistung, da sie keine Feuchtigkeit aufnehmen. Zudem seien Kunstfasern pflegeleichter und einfacher zu waschen als Daune.

Bewegung in der Mode-Industrie

Eine Umfrage von «Espresso» bei mehreren Kleidermarken und Händlern zeigt: RDS scheint sich mehr und mehr durchzusetzen. So beteuert beispielweise C&A heute nur noch RDS-zertifizierte Daunen zu verwenden, während man sich bei der Umfrage 2016 noch auf Angaben der Zulieferer verlassen hatte. Auch bei Tommy Hilfiger ist etwas gegangen: Seit 2017 verwende man nur RDS-zertifizierte Daunen. Die Modekette Zara, welche 2016 noch auf eigene «periodische» Kontrollen verwiesen hatte, gibt heute an, RDS-zertifizierte Daunen zu verwenden (jedoch ohne einen Anteil zu nennen). Und Marc O’Polo will in der Saison 21/22 auf RDS umstellen.

Schon längst RDS-zertifiziert sind Daunen-Produkte von H&M. Das noch strengere TDS-Label ist noch kaum verbreitet – die Outdoor-Marke Patagonia setzt ausschliesslich darauf. Keine Antwort gab es unter anderem von der Sportartikel-Kette Decathlon, von der Mode-Kette Mango und von der Edelmarke Armani.

Espresso, 19.10.20, 8.13 Uhr

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