Zehn Tage länger als geplant soll es dauern, bis Coronatests für asymptomatische Personen kostenpflichtig werden. Aber nur, damit die Kantone Zeit haben, Stellung zu beziehen. Der Bundesrat will die Testregeln nur leicht lockern, mit einer neuen «Gnadenfrist».
Erstgeimpfte sollen bis Ende November von Gratistests profitieren. Der neue Vorschlag folgt auf eine Petition mit über 260'000 Unterschriften, Voten diverser Parteispitzen, sowie einen Brief aus dem Parlament. Allesamt forderten dasselbe: Covid-Tests sollen für alle kostenlos bleiben.
Bundesrat bezieht Position
Die Regierung will also nur einer Gruppe entgegenkommen: Denjenigen, die bisher zögerten, und sich nun wegen der Zertifikatspflicht für eine Impfung entscheiden. Ungeimpfte mit geringem Einkommen stehen damit weiterhin faktisch vor dem Entscheid, sich impfen zu lassen oder sich komplett vom gesellschaftlichen Leben auszunehmen.
Der Bundesrat trotzt damit – zumindest vorerst – dem Druck von Teilen der Gesellschaft und des Parlaments. Vor allem aber bezieht er klar Position. In der längst bekannten Abwägung zwischen Eingriffen in persönliche Freiheiten auf der einen Seite, und dem Schutz des Gesundheitswesens auf der anderen, entscheidet er sich klar für Letzteres.
Druck auf Ungeimpfte bleibt
Offiziell begründet die Regierung dies unter anderem mit den Kosten für Tests von Ungeimpften. Sie sollen nicht länger von der Allgemeinheit berappt werden. Dieses Argument dürfte aber angesichts der bisher enormen Kosten der Pandemiebewältigung bei den Überlegungen eine eher untergeordnete Rolle spielen. Viel wichtiger ist der Druck auf die Ungeimpften.
Gesundheitsminister Alain Berset wies an einer Medienkonferenz in Bern wenig subtil darauf hin, dass die Schweiz bei der Impfquote vielen anderen Ländern weit hinterherhinkt. Und dass die Aufhebung sämtlicher Massnahmen – wie beispielsweise in Dänemark – für die Schweiz deswegen aktuell reines Wunschdenken bleibt.
Kostenbewusste Kantone
Noch steht der definitive Entscheid aus. Der Bundesrat schickt den Vorschlag wie üblich bei den Kantonen in Konsultation. Dahinter steht vermutlich auch ein gewisses Kalkül: Die Landesregierung will sich Unterstützung holen – und kann damit rechnen, dass sie die auch erhält.
Die Kantone hatten sich erst vor rund einem Monat zur Kostenfrage geäussert. Rund zwei Drittel schlugen sich damals auf die Seite der Landesregierung. Zwar war die Zertifikatspflicht zu diesem Zeitpunkt noch kein konkreter Teil der Abwägung. Aber sie konnte antizipiert werden.
Spannend wird es, falls die Kantone ihre Meinung ändern. Dann sähe der Bundesrat seinen Vorschlag desavouiert. Und müsste sich gut überlegen, ob er ihn trotz des grossen Widerstands wichtiger Akteure durchboxen will.