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Streit um Kurzarbeit im ÖV: Verkehrsministerin Sommaruga möchte wissen, ob ÖV-Betriebe weiterhin in die Arbeitslosenversicherung einzahlen sollen.
Aus HeuteMorgen vom 12.02.2021. Bild: Keystone/Archiv
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Streit um Kurzarbeit im ÖV Ein Sonderzüglein für den ÖV bei der Arbeitslosenversicherung?

Verkehrsministerin Sommaruga will diskutieren, ob ÖV-Betriebe weiterhin in die Arbeitslosenversicherung einzahlen sollen.

Die Pandemie setzt auch dem öffentlichen Verkehr zu. Weil die Branche leidet, hat das Parlament bereits ein 900 Millionen Franken schweres Hilfspaket für den ÖV verabschiedet. Zusätzlich forderten viele ÖV-Betriebe Kurzarbeitsentschädigung – darunter die SBB und Postauto. Ihre Gesuche wurden allerdings abgelehnt, denn staatsnahe Betriebe hätten kein Konkursrisiko, wurde argumentiert.

Eine Frau mit Atemschutzmaske wartet im Hauptbahnhof in ihren Zug, aufgenommen am Freitag, 3. Juli 2020 in Zuerich.
Legende: Wegen der Coronakrise ist der Umsatz der SBB eingebrochen. Da aber in den letzten Jahren Gewinne verzeichnet wurden, solle die SBB nicht von Bundeshilfen profitieren, sondern die Ausfälle selber decken, argumentierte der Bundesrat. Keystone/Archiv

Daher macht nun in Bern ein neuer Vorschlag die Runde. Angestossen wird die Debatte von ganz oben: SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga möchte wissen, ob SBB, Postauto und dergleichen überhaupt noch Beiträge an die Arbeitslosenversicherung überweisen sollen, wenn diese nicht für Kurzarbeit zahlt.

So hat Sommaruga in der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats gemäss Jahresbericht gesagt, dass sich bei einer definitiven Verweigerung des Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung die Frage stellen werde, ob die Transportunternehmen im öffentlichen Verkehr weiterhin in die Arbeitslosenversicherung einzahlen sollen.

Sommarugas Departement (UVEK) bestätigt diese Aussage gegenüber SRF und erläutert: «Diese Frage stellt sich, weil den Mitarbeitenden der ÖV-Unternehmen zu einem grossen Teil der Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung nicht zugestanden wurde, obwohl die Unternehmen die Beiträge geleistet hatten.»

Warum versichern, wenn dann niemand zahlt?

Es steht nun die Frage im Raum, weshalb die Betriebe für eine Versicherung Geld ausgeben sollen, die nicht zahlt, wenn es drauf ankommt. Die rechtliche Antwort gibt das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft Seco von Guy Parmelins Wirtschaftsdepartement: Weil man ganz einfach zahlen müsse.

Die Arbeitslosenversicherung (ALV) sei obligatorisch, die Beiträge gesetzlich geschuldet. «Der Umstand, dass Mitarbeitende eines Unternehmens nicht anspruchsberechtigt für Kurzarbeitsentschädigung sind, entbindet das Unternehmen nicht von der ALV-Beitragspflicht», sagt das Seco weiter.

Dafür zahlt die Arbeitslosenversicherung

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Die Arbeitslosenversicherung (ALV) zahlt nicht nur bei Arbeitslosigkeit, sondern auch bei Kurzarbeit. Für Kurzarbeitsentschädigung in der Coronakrise wird sie vom Bund mit mehreren Milliarden Franken unterstützt. Ausserdem garantiert die ALV in bestimmten Fällen auch bei Schlechtwetter oder bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ein Ersatzeinkommen.

In normalen Zeiten finanziert sich die ALV vor allem über Lohnabzüge: Arbeitgeber und -nehmende entrichten dafür je 1.1% des Lohns. Mit solchen Lohnbeiträgen nahm die ALV im Jahr 2019 rund 7.4 Milliarden Franken ein. Was die finanziellen Konsequenzen für die ALV wären, wenn Transportbetriebe keine Beiträge mehr zahlen würden, ist nicht klar.

Die SBB gab letzten Sommer an, sie habe in den letzten 20 Jahren rund 1 Milliarde Franken an Beiträgen an die ALV einbezahlt. Das wären durchschnittlich 50 Millionen Franken pro Jahr.

Schliesslich zahle die Arbeitslosenversicherung auch mehr als nur Kurzarbeit. So seien die Angestellten von SBB und Postauto etwa gegen Arbeitslosigkeit versichert.

Ohnehin würden bereits heute nicht alle Unternehmen gleich behandelt, wenn es um Leistungen der Arbeitslosenversicherung gehe. Anspruch auf die Schlechtwetterentschädigung aus der Arbeitslosenversicherung habe etwa nur ein eng begrenzter Kreis von Unternehmen. Die SBB und Postauto selber nehmen zur Diskussion keine Stellung.

Kampf zweier Departemente – seit einem Jahr

Der Kampf zwischen den Departementen von Sommaruga und Parmelin um Kurzarbeit im ÖV wird seit bald einem Jahr geführt. Bereits letzten Frühling, am Anfang der Pandemie, forderte das Bundesamt für Verkehr aus Sommarugas UVEK die ÖV-Betriebe explizit dazu auf, Gesuche um Kurzarbeitsentschädigung einzureichen.

Bundesrat Guy Parmelin spricht an der Seite von Simonetta Sommaruga im Medienzentrum des Bundeshauses in Bern zur Verschärfung der Coronamassnahmen im Dezember 2020.
Legende: Die Kurzarbeitsgesuche von SBB und Postauto wurden im Sommer 2020 abgelehnt. Keystone/Archiv

Rechtlich hat Parmelins Wirtschaftsdepartement den Zwist mittlerweile für sich entschieden. Nun geht das Feilschen in die nächste Runde: die politische. Denn wenn ÖV-Betriebe ein Sonderzüglein fahren und nicht mehr in die Arbeitslosenversicherung einzahlen sollen, bräuchte es dafür möglicherweise eine Gesetzesänderung.

HeuteMorgen, 11.02.2021, 6 Uhr

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