Die Schweizerische Energiestiftung (SES) fordert, dass die Wind- und vor allem die Sonnenstromproduktion nun rasch ausgebaut werden. Genau dasselbe hat vor kurzem die Regulierungsbehörde im Strombereich, die Elcom gefordert. Diejenigen, die die Produktionsanlagen betreiben sollen, die Stromunternehmen, sind auch dafür. Die grosse Frage ist nur, wie das geschehen soll.
Es geschieht schon etwas, aber auf sehr tiefem Niveau und relativ langsam.
Zwar glänzen auch in der Schweiz auf immer mehr Dächern Fotovoltaik-Anlagen und da und dort werden Windräder aufgestellt. Trotzdem hinke die Schweiz im Ausbau von Sonne und Windstrom-Anlagen im europäischen Vergleich hinterher, sagt Felix Nipkow von der SES: «Es geschieht schon etwas, aber auf sehr tiefem Niveau und relativ langsam. Natürlich geschieht auch in anderen Ländern etwas, aber eben viel schneller. Das heisst: Die Schweiz verpasst immer mehr den Anschluss beim Ausbau der erneuerbaren Energien.»
Auf Rang 24 von 29 europäischen Ländern landet die Schweiz gemäss der neuen Studie der Atomkraft-kritischen Energiestiftung. Betrachtet man nur die Sonnenenergie, liegt die Schweiz mit ihrer Produktion pro Kopf wie schon im letzten Jahr immerhin auf Rang 8. Der Abstand zu den Spitzenreitern Deutschland, den Niederland und Italien vergrössert sich allerdings. Das Problem in der Schweiz: Solaranlagen lohnten sich bisher häufig zu wenig. Grosse Konzerne investieren vor allem im Ausland, Private bauen ihre Anlagen nur so gross, dass sie möglichst den gesamten produzierten Strom selbst verbrauchen können. Das Einspeisen ins Netz sei so nicht wirklich lukrativ.
Wir müssen das vor 2040 hinkriegen.
Mit der Revision des Energiegesetzes will der Bund die Rahmenbedingungen verbessern, damit erneuerbarer Strom die Lücke, die mit dem Abschalten der Kernkraftwerke entsteht, schliessen könne. Felix Nipkow befürchtet aber, dass dies nicht reicht, weil sich der Bund dabei auf die sogenannten Energieperspektiven 2050 stützt. «Die Energieperspektiven gehen davon aus, dass wir bis 2050 so viel erreichen, wie wir bis 2035 fordern.» Das sei für das Erreichen der Klimaziele, welche wir in Paris beschlossen haben, zu spät. «Wir müssen das vor 2040 hinkriegen.»
Ohne Bund geht es nicht
Eine Beschleunigung des Ausbaus der einheimischen Stromproduktion, weniger aus klimapolitischen Gründen, sondern viel mehr aus Sorge um die Versorgungssicherheit, hat auch die Regulierungsbehörde, die Elcom gefordert. Und auch diejenigen, die Strom produzieren, sind dafür. Nadine Brauchli, die Bereichsleiterin Energie beim Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen VSE: «Wir brauchen definitiv jede Kilowattstunde.» Das bedinge einen starken Ausbau an Fotovoltaik und einen breiten Mix an weiteren Technologien
Ohne Förderung durch den Bund gehe das nicht, betont Nadine Brauchli. «Einerseits schafft der Markt nicht genügend Anreize für einen Ausbau.» Andererseits seien die Kosten für den Ausbau zu hoch.
Wie genau der Ausbau gefördert wird, muss das Parlament entscheiden. Der Bundesrat setzt voraussichtlich auf sogenannte Investitionsbeiträge. Gewisse Stromkonzerne und auch die Energiestiftung verlangen, dass der Bund den Unternehmen einen Mindeststrompreis garantiert. Klar scheint: Nach dem Aus fürs Rahmen- und damit auch fürs Stromabkommen mit der EU, ist die Schweiz dringender denn je angewiesen auf mehr einheimischen Strom.