Zum Inhalt springen

Strom sparen im Haushalt Energie-Senioren machen Stromfresser ausfindig

Im neuen Obwaldner Verein «Energy Seniors» durchstöbern Pensionierte Privathaushalte nach Stromspar-Potenzial.

«Jeder kann ein Drittel sparen. Aber er muss wissen, wo.» Dieses Versprechen geben die «Energy Seniors» in ihrem Werbevideo ab. Der neue Obwaldner Verein gleicht einer Detektei: Er spürt Energieschleudern rund ums eigene Daheim auf. Und solche verstecken sich überall. Beispielsweise beim Wasserbett, beim Elektro-Öfeli im Wintergarten oder bei der konstant laufenden Umwälzpumpe im Gartenteich.

Gut 25 Frauen und Männer zählt der Verein. Die meisten von ihnen sind ehemalige Energie-Profis, es hat aber auch Quereinsteiger dabei. Zu ihnen gehören Susanne und Peter Kuhn.

Zwei Personen arbeiten am Computertisch.
Legende: Das Rentnerpaar Peter und Susanne Kuhn hat gemeinsam ehrenamtlich bereits knapp 40 Energieberatungen durchgeführt. SRF / Primus Ettlin

Vor ihrer Pension führten sie gemeinsam ein Hotel in Engelberg. Ein älteres Haus, das sie in puncto Energie genau unter die Lupe nahmen. Die 66-jährige Susanne Kuhn sagt: «Wir haben unter anderem sämtliche Fenster erneuert und eine Solaranlage installiert.» Als erstes Hotel in Engelberg. «Dadurch konnten wir unseren Heizöl-Verbrauch von 110'000 auf unter 40'000 Liter reduzieren», fährt der 71-jährige Peter Kuhn fort.

Über die Jahre haben sich die beiden im Energie-Bereich viel Know-how erarbeitet – Wissen, das sie nun an Privathaushalte weitergeben.

Stromrechnung wird mit potenzieller Nutzung abgeglichen

Interessierte Kundinnen und Kunden melden sich bei der Geschäftsstelle des Vereins. Energie-Senioren nehmen dann während rund 90 Minuten den Stromspar-Check vor. Dabei werden alle Geräte aufgelistet und deren Nutzung abgefragt. Wird mit Deckel gekocht? Wie oft wird gewaschen? Bei welcher Temperatur?

Person misst Stromverbrauch einer Kaffeemaschine mit Messgerät.
Legende: Beim Stromspar-Check kommt ein Strommessgerät zum Einsatz. Für eine Beratung zahlen Kundinnen und Kunden 20 Franken. zvg / Energy Seniors

All diese Daten werden dann in ein Programm eingetippt, das eigens für den Verein entwickelt worden ist. Das Tool zeigt an, wie hoch der theoretische Energieverbrauch sein sollte – und gleicht die Daten mit den tatsächlichen Stromrechnungen ab. «Manchmal gibt es Punktlandungen, manchmal echte Differenzen», sagt Susanne Kuhn.

Älterer Mann stellt Temperatur an Kühlschrank ein.
Legende: Um Strom zu sparen, müssen Haushaltsgeräte optimal eingestellt werden. zvg / Energy Seniors

Das krasseste Beispiel: Ein Einfamilienhaus mit einer Einleger-Wohnung zahlte für den Strom jährlich 5900 Franken. «Da wurden wir sofort hellhörig», sagt Peter Kuhn. 47 Prozent der Kosten fielen auf den Warmwasser-Verbrauch zurück. Mithilfe eines Elektrikers stellte sich heraus: Der Boiler war unnötigerweise ständig auf Notstrom eingestellt. «Seither hat sich ihre Stromrechnung halbiert.»

Jeder Besuch ist ein Erfolg, selbst wenn am Ende nur eine Sensibilisierung herausschaut.
Autor: Peter Kuhn Co-Präsident Energy Seniors Obwalden

Nicht immer ist eine aufwendige Spurensuche nötig, um Stromspar-Potenzial zu orten. Es gebe klassische «blinde Flecken» im Haushalt, sagt Peter Kuhn. Leuchtende Lampen in leeren Räumen, Elektrogeräte auf Stand-by oder ein veralteter Kühlschrank.

Zehn Stromspartipps für Haushaltsgeräte

Box aufklappen Box zuklappen
  1. Backofen: Auf Vorheizen verzichten; mit Umluft statt Ober- und Unterhitze backen; Ofen fünf Minuten vor Backende ausschalten.
  2. Dampfabzug: Beim Braten und Frittieren eine hohe Stufe wählen, beim Garen von Gemüse eine tiefe; mit geschlossenen Töpfen kochen, Filter regelmässig reinigen.
  3. Kühlschrank: Temperatur auf 7 Grad Celsius einstellen; warme Speisen abkühlen, bevor sie ins Kühlgerät kommen; aufzutauende Lebensmittel in den Kühlschrank legen, dadurch wird das Geräteinnere gekühlt.
  4. Tiefkühler: Temperatur auf minus 18 Grad Celsius einstellen; warme Speisen abkühlen, bevor sie ins Gefriergerät kommen.
  5. Abwaschmaschine: Erst bei voller Ladung starten; Niedrigtemperatur- oder Sparprogramme wählen; auf Vorspülen verzichten.
  6. Kaffeemaschine: Energiesparmodus wählen; regelmässig entkalken; nach Gebrauch ausschalten.
  7. Waschmaschine: Nur bei voller Wäschetrommel waschen und wenn möglich bei tiefer Temperatur (20 bis 30 Grad); Sparprogramm wählen.
  8. Tumbler: Wäschetrockner mit integrierten Sensoren auswählen; «Bügeltrocken» statt «Extratrocken» auswählen; Wäsche wenn möglich im Freien trocknen.
  9. Raumklimagerät: Auf mobile Raumklimageräte verzichten; Ventilator anstelle eines Raumklimageräts installieren; ungenutzte Haushaltsgeräte und Lampen ausschalten; Fensterläden schliessen; frühmorgens lüften.
  10. Fernseher: Bildauflösung reduzieren (HD, 4K oder 8K); Fernseher und Set-Top-Box immer ganz abschalten; auf Heimkinoanlage verzichten.

Quelle: Energie Schweiz

200 bis 300 Franken seien so schnell einmal eingespart. «Jeder Besuch ist ein Erfolg, selbst wenn am Ende nur eine Sensibilisierung herausschaut», sagt Peter Kuhn. Und seine Frau ergänzt: «Wer sich bei uns meldet, will primär Strom sparen. Dabei auch Geld zu sparen, ist ein angenehmer Nebeneffekt.»

Projekt soll in ganzer Zentralschweiz Fuss fassen

200 Beratungen hat der Verein «Energy Seniors» unterdessen durchgeführt. Nun streckt er die Fühler in die übrigen Zentralschweizer Kantone aus. Ziel ist es, auch dort Pensionierte in Stromspar-Projekte einzuspannen, Aufklärung in Schulen zu leisten oder die Gründung von Energiegenossenschaften voranzutreiben.

Projektidee wurde von Stiftung gefördert

Box aufklappen Box zuklappen

Die «Energy Seniors» angestossen hat Oekowatt, eine Luzerner Firma, die in der Energieberatung tätig ist. Dank einer Anschubfinanzierung durch die Albert-Koechlin-Stiftung konnte die Idee in die Praxis umgesetzt werden. Nun ist die zweijährige Aufbauarbeit abgeschlossen.

Die Idee, Fachleute im Rentenalter zu «reaktivieren», hatte ein pensionierter Arbeitskollege, erzählt Res Wyler von Oekowatt. «Das sind Leute, die immer noch am Energiebereich und an der Energiewende interessiert sind und weiterhin Fachwissen einbringen können.»

Keine Konkurrenz für Privatwirtschaft

Oekowatt hat die Energie-Senioren geschult und gecoacht. Auch in Zukunft sind im Verein regelmässig Schulungen geplant. Schafft sich die Firma damit nicht selber Konkurrenz? Wyler verneint. «Energie-Senioren kommen dort zum Zug, wo Fachleute üblicherweise nicht herangezogen werden.»

Würde eine Firma den Stromspar-Check durchführen, müsste sie dafür schnell einmal ein paar Hundert Franken in Rechnung stellen. «Ich glaube nicht, dass es dafür einen Markt gibt.»

Das Ehepaar Kuhn bleibt derweil am Ball. Susanne Kuhn hat ein ehrgeiziges Ziel: «Ich würde mir wünschen, dass wir vermehrt auch Leute erreichen, die sich bislang noch kaum Gedanken über den Energieverbrauch gemacht haben.»

Diskutieren Sie mit:

Weiterführende Informationen

Regionaljournal Zentralschweiz, 22.4.2025, 17:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel