Am 9. Juni entscheidet die Schweiz über das neue Stromversorgungsgesetz, das den Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz beschleunigen soll. Die Vorlage wird von allen Parteien ausser der SVP unterstützt, auch Wirtschafts- und Umweltverbände sowie Stromproduzenten stehen hinter dem Gesetz. Das Referendum ergriffen haben kleinere Natur- und Landschaftsschutzvereine. Die wichtigsten Argumente diskutieren beide Seiten im «Club» mit Moderator Peter Düggeli.
Laut dem Gesetz soll die Stromproduktion in sogenannten «Eignungsgebieten» neu ein höheres Gewicht gegenüber dem Naturschutz erhalten. «So reduziert man das Mitspracherecht der Bevölkerung», kritisiert Elias Vogt, der das Stromversorgungsgesetz als «naturzerstörerisch und antidemokratisch» bezeichnet. «Das nationale Interesse war bisher sakrosankt, und jetzt wird es durch ein Mischmasch von Gesetzen ausgehebelt», sagt Energieingenieur Heini Glauser.
Verteidigt wird das Gesetz von zwei Energiepolitikerinnen: «Das bedeutet aber nicht, dass man einzelne Projekte nicht mit den bestehenden demokratischen Rechten hinterfragen kann», kontert FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher. «Es gibt immer noch die Möglichkeit, Beschwerden einzureichen. Die Interessenabwägung zwischen Naturschutz und Stromproduktion wird weiterhin gemacht», pflichtet ihr Lisa Mazzone bei.
Widerstand gegen Windräder
Auf grossen Widerstand stösst der Ausbau der Windenergie, der im Stromversorgungsgesetz vorgesehen ist. «Die Schweiz ist kein Windland», sagt SVP-Nationalrat Matter und nennt ein Beispiel aus Zürich: «Auf dem Pfannenstiel werden zig Quadratkilometer Wald für Windräder gerodet, da ist auch noch ein Naturschutzgebiet. Das ist doch nicht nachhaltig.»
Das Beispiel aus Zürich sei kantonal geregelt, entgegnet FDP-Nationalrätin Vincenz-Stauffacher. Gemäss dem nationalen Gesetz könne nicht in Naturschutzgebieten gebaut werden, so Grüne-Präsidentin Lisa Mazzone und führt aus: «Das ist ein Fortschritt, weil wir die Natur besser schützen als im aktuellen Zustand.»
Landschaftsschützer Elias Vogt befürchtet, dass deutlich mehr Windräder gebaut werden könnten als angekündigt. Bundesrat Albert Rösti (SVP), der die Vorlage vertritt, spricht momentan von 200 neuen Windrädern. «Das steht aber nicht im Gesetz, das sind leere Versprechen», so Vogt.
Nils Epprecht von der Schweizerischen Energiestiftung (SES) weist darauf hin, dass auch verschiedene Studien auf 200 bis 300 neue Windräder gekommen seien.
Uneinigkeit beim Naturschutz
Schliesslich sind sich die beiden Seiten uneinig, ob das Stromversorgungsgesetz ein Fortschritt für die Biodiversität bedeutet oder nicht: «Gletschervorfelder, die vor kurzem noch unter Eis lagen, können gar nicht mehr geschützt werden. Dabei haben diese Gebiete zum Teil eine unheimlich dynamische Biodiversität. Dort zu bauen, ist für den Naturschutz eine Katastrophe», sagt Energieingenieur Heini Glauser.
«Wir haben im Nationalrat grosse Konflikte ausgetragen, um den Naturschutz zu erhalten. Der Naturschutz bleibt mit dem Gesetz bestehen», beteuert hingegen Grünen-Präsidentin Mazzone.
Ob das den Naturschützerinnen und Naturschützern reicht, wird sich an der Urne zeigen.