- Der Bundesrat will ab nächstem Winter eine Wasserkraftreserve einrichten.
- Die Reserve soll im Fall einer ausserordentlichen Stromknappheit verfügbar sein.
- Weiter setzt die Landesregierung auf Spitzenlast-Kraftwerke, die klimaneutral betrieben werden müssen.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung am Mittwoch über Massnahmen zur Stärkung der Versorgungssicherheit mit Elektrizität diskutiert. Für den Fall von Knappheitssituationen will er ab dem kommenden Winter 2022/2023 eine Wasserkraftreserve einrichten.
Es geht um Vorkehrungen für unvorhersehbare Situationen.
«Es geht um Vorkehrungen für unvorhersehbare Situationen», sagte Energieministerin Simonetta Sommaruga vor den Medien. Die Landesregierung wolle zwei Versicherungen schaffen – und rasch vorwärtsmachen. «Ziel ist, dass man sie möglichst nicht braucht.»
Wasserkraft und Gaskraftwerke
Diese sieht vor, dass Speicherkraftwerksbetreiber gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten, die bei Bedarf abgerufen werden kann. Die Wasserkraftreserve soll auf dem Verordnungsweg eingeführt und später von der in der laufenden Revision des Stromversorgungsgesetzes vorgesehenen Regelung abgelöst werden.
Als zweite Rückfallebene will der Bundesrat auf Spitzenlast-Kraftwerke setzen. Diese sollen klimaneutral betrieben werden müssen. Er beauftragt deshalb das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) von Bundesrätin Sommaruga umgehend damit, Vorbereitungen für den Bau und Betrieb solcher Anlagen an die Hand zu nehmen.
«Das heisst aber nicht automatisch, dass die Not-Gaskraftwerke auch dort zu stehen kommen. Denn die Abklärungen, ob die betreffenden Gemeinden das überhaupt zulassen würden, folgen erst. Genau am lokalen Widerstand aber ist in der Vergangenheit manches Gaskraftwerkprojekt gescheitert. Der Bund hofft nun, es erhöhe die Akzeptanz, dass es diesmal um Werke geht, die nicht dauernd laufen sollen, sondern nur im Notfall», erklärt Bundeshausredaktorin Nathalie Christen.
Beide Reserven sollen nur in Ausnahmelagen genutzt werden – nämlich dann, wenn der Strommarkt die Nachfrage nicht decken kann. Die Kosten für die Reserve werden die Endkonsumenten und -konsumentinnen tragen müssen.
Strom könnte schon bald knapp werden
Der Bundesrat fällte seine Entscheide gestützt auf einen Bericht, den er von der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (Elcom) angefordert hatte.
Darin ist die Rede vom Bau von zwei bis drei Gaskraftwerken mit insgesamt bis 1000 Megawatt Leistung. Die Investitionskosten sollen gemäss dem Bericht maximal 700 bis 900 Millionen Franken betragen.
Hinzu kommen Betriebskosten von 6 Millionen Franken im Jahr und Produktionskosten von 138'000 bis 243'000 Franken pro produzierte Gigawattstunde (GWh) Strom. Hintergrund der Reserveplanung ist, dass ab 2025 die Risiken für den Stromimport steigen.
Im schlimmsten Fall – zum Beispiel, wenn grosse Kraftwerke im In- und Ausland gleichzeitig ausfallen – könnte es namentlich im Winter «während einiger Stunden» zu Versorgungsengpässen kommen, heisst es in dem Bericht.
Kritik von Umweltorganisation
Die Nonprofit-Organisation Greenpeace hat ihre Kritik an den Plänen des Bundesrats geäussert. Der Bundesrat habe vergessen, welche entscheidende Rolle die Solarenergie für eine sichere Energieversorgung spielt, schrieb Greenpeace in einer Mitteilung. «Der Einsatz von Gaskraftwerken führt zu einem Anstieg der Emissionen, unabhängig von den Massnahmen, die ergriffen werden, um sie zu kompensieren.»
Strom effizienter nutzen
Weiter setzt der Bundesrat auf das Potenzial des Stromsparens, um die Stromversorgung sicherzustellen. Unter anderem will er mit mehr Fördermitteln dafür sorgen, dass Elektroheizungen ersetzt werden. Und für die Beleuchtung von Zweckbauten könnte es Auflagen geben. Weiter sollen die Mindestanforderungen in Sachen Energieeffizienz von elektrischen Geräten erhöht werden. «Stromfresser sollen nicht mehr auf den Markt kommen», sagte Sommaruga.