Auch jetzt, nachdem viele Corona-Massnahmen in der Schweiz gelockert wurden, geht es vielen Menschen psychisch schlechter als vor der Pandemie. Zu diesem Schluss kommt die jüngste Auswertung der Corona-Stress-Studie der Universität Basel. Das Resultat überrascht selbst den Studienleiter Dominique de Quervain: Fast die Hälfte der Befragten fühlt sich trotz gelockerter Massnahmen gestresster als vor der Krise.
40 Prozent fühlen sich gestresst
«Das hat uns in dem Sinne erstaunt, dass wir bereits im Lockdown eine ähnliche Zahl bekommen haben», sagt er und erklärt weiter: «Es wäre durchaus denkbar gewesen, dass in der Zeit der Lockerung der Stress beträchtlich reduziert wird.» Aber es seien nach wie vor 40 Prozent, sagt de Quervain.
Es ist wichtig, dass wir in der Betrachtung dieser Coronakrise auch die psychischen Gesundheitsprobleme angehen, denn die bestimmen das Funktionieren unseres sozialen Gewebes und damit unserer Wirtschaft.
Faktoren, die stressen, sind Unsicherheit, veränderte Bedingungen bei der Arbeit oder in der Ausbildung und die fehlenden sozialen Kontakte. Sein Wissen bringt de Quervain in der nationalen Covid-Taskforce ein, unter Marcel Tanner, dem Präsidenten der Akademien der Wissenschaften, der diesen Aspekt für zentral hält. «Es ist wichtig, dass wir in der Betrachtung dieser Coronakrise auch die psychischen Gesundheitsprobleme angehen, denn die bestimmen das Funktionieren unseres sozialen Gewebes und damit unserer Wirtschaft», sagt er.
Mehr Personen leiden an Depressionen
Denn erhöhter Stress kann zu Erschöpfung und anderen depressiven Symptomen führen. Litten vor der Coronakrise rund drei Prozent der Bevölkerung an schweren Depressionen, sind es nun gemäss der jüngsten Umfrage der Universität Basel zwölf Prozent.
Es ist insbesondere erstaunlich, dass es genau diese Gruppe ist, die auch von einer ernsthaften Viruserkrankung am stärksten bedroht ist.
Sie zeigt aber auch: Rund ein Drittel der Befragten ist für diese negativen Folgen nicht anfällig, insbesondere Menschen über 55 Jahren, erklärt de Quervain, der an der Universität Basel die Abteilung kognitive Neurowissenschaften leitet. «Es ist erstaunlich, dass es insbesondere diese Gruppe ist, die auch von einer ernsthaften Viruserkrankung am stärksten bedroht ist.»
Über die Gründe lässt sich erst spekulieren. Ein Blick in ältere Erhebungen des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zeigt: Menschen über 55 schätzen sich grundsätzlich zufriedener und psychisch stabiler ein als jüngere – Virus hin oder her.