Die Schweiz will dem Problem der häuslichen Gewalt mit neuen Rechtsgrundlagen entgegentreten. Am Dienstag werden diese an einer Tagung in Bern von Fachleuten diskutiert. Gian Beeli, Leiter Bereich Gewalt (EBG) erläutert einige der diskutierten Möglichkeiten.
SRF News: Wie will die Schweiz das Problem der häuslichen Gewalt besser in den Griff bekommen?
Gian Beeli: Wichtig ist, dass der Fokus nicht nur auf den Tätern ist, sondern dass auch die Opfer angehört werden. Das ist insbesondere dann wichtig, wenn man Lösungen suchen möchte wie die elektronische Überwachung. Es geht an der Konferenz auch darum, Lernprogramme für gewaltausübende Personen zu verordnen. Vor allem die Behörden sind angesprochen, diese Pflichtüberweisungen zu machen. Und es geht darum, gute Lösungen für Kinder zu finden, die in Familien mit häuslicher Gewalt leben. Insbesondere nach Trennungen, wo sich die Frage stellt, welchen Kontakt das Kind zum gewaltausübenden Elternteil haben soll.
Per 1. Januar 2022 tritt in Kraft, wer ein Rayonverbot oder ein Kontaktverbot hat, soll eine elektronische Fussfessel bekommen. Was soll das bringen?
Verschiedene Kantone haben schon Erfahrungen mit dem Electronic Monitoring gesammelt. Es gibt verschiedene Varianten von Fussfesseln und Armbändern. Es gibt auch eine aktive und eine passive Überwachung.
Es geht an der Konferenz darum, Erfahrungen auszutauschen.
Es geht an der Konferenz darum, Erfahrungen auszutauschen. Kantone, die noch keine solche Möglichkeit haben, können davon lernen und für Januar eine möglichst gute Lösung finden und einführen.
Seit dem Ausbruch der Coronakrise hat man viel von häuslicher Gewalt gesprochen. Man hatte die Befürchtung, dass sie zunimmt, wenn die Leute mehr zu Hause sind. Hat sich dieser Eindruck bestätigt?
Wir haben bei den Zahlen die Schwierigkeit, dass viele Fälle häuslicher Gewalt gar nicht bekannt werden. Bei den Fällen, die bekannt sind, gab es eine leichte Zunahme. Das ist aber eine Zunahme, die schon die letzten Jahre festgestellt wurde. Deshalb ist es schwierig zu sagen, ob diese Zunahme aufgrund der Pandemie noch stärker war oder ob das andere Gründe hatte. Man weiss sicher, dass Hilfsorganisationen – Frauenhäuser und Opferhilfestellen – eine stärkere Zunahme von Beratungen von Personen verzeichneten, die Opfer von häuslicher Gewalt wurden.
Eine Forderung ist eine einheitliche 24h-Telefonnummer in der ganzen Schweiz. Damit könnten Opfer von häuslicher Gewalt einfach und unbürokratisch Hilfe finden. Kommt dieses Projekt?
In der Pandemie hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, dass Gewaltbetroffene schnell Hilfe finden. Bisher gibt es in der Schweiz nicht eine Telefonnummer, sondern jeder Kanton hat eine andere. Die Kantone haben beschlossen, dass sie das ändern und die Nummer einführen möchten. Dieses Projekt startet jetzt.
In der Pandemie hat sich gezeigt, dass es wichtig ist, dass Gewaltbetroffene schnell Hilfe finden.
Es geht darum, zu schauen, wie man das technisch löst, damit auch die bestehenden Hilfsorganisationen eingebunden und die Anrufe direkt weitergeleitet werden. Diese Nummer sollte nächstes oder spätestens übernächstes Jahr präsentiert werden.
Das Gespräch führte Sabine Gorgé.