Laut dem «Tages-Anzeiger» verrechnen mehr als 500 Alters- und Pflegeheime in der Schweiz den Patienten zu hohe Kosten für die Betreuung. Zu diesem Schluss kommt die Zeitung nach einer Datenauswertung. Damit versuchen die Heime – so die Vermutung –, die Defizite bei der Pflege zu decken.
Preisüberwacher Stefan Meierhans sagt, die Daten, welche der «Tages-Anzeiger» aufbereitet habe, seien durchaus «plausibel.
Kantone und Gemeinden versuchen zu sparen
Der Preisüberwacher selber hatte schon früher aufgedeckt, dass in den Kantonen Baselland, Aargau, Zürich, Solothurn der Kanton oder die Gemeinden die Vergütung für Pflegekosten zu tief ansetzten. «Aus finanziellen Überlegungen werden die Normkosten nicht angehoben, damit der Kanton und die Gemeinden sparen können», sagt Meierhans.
Eigentlich sollte das gemäss der Pflegefinanzierung, die seit 2011 gilt, nicht möglich sein. Das Gesetz regelt, wie die Kosten für die Pflege zwischen den Krankenkassen, den Kantonen und den Betroffenen aufgeteilt werden. Allerdings kann niemand die Kantone dazu zwingen, genügend zu bezahlen.
Ungedeckte Pflegekosten steigen an
Das kritisiert auch der Verband der Pflegeheime, Curaviva. Er rechnet vor, dass jährlich Pflegekosten im Umfang von 200 bis 300 Millionen Franken ungedeckt bleiben. Die Gesundheitsdirektorenkonferenz verweist auf eine Studie zu den Auswirkungen der Pflegekosten, die der Bund im Sommer publizieren soll.
Doch auch der Bund steht in der Verantwortung: Er hat den Anteil, den die Krankenkassen an die Pflege bezahlen müssen, seit 2011 nicht angehoben, obwohl die Kosten gestiegen sind. Das Bundesamt für Gesundheit verweist auf das Parlament, dass dies so gewollt habe.
Warten, bis sich das Problem selber erledigt
«Man schiebt die heisse Kartoffel vor sich her», sagt Preisüberwacher Meierhans. Zwar seien sich alle des Problems bewusst, getan werde aber nichts. «Zum Teil hat man sogar das Gefühl, dass zugewartet wird, bis die Menschen wegsterben – dann erledigt sich das Problem von selber».
Weil sie die schwächste Interessengruppe seien, würden die Mehrkosten den Seniorinnen und Senioren oder ihren Familien belastet, so Meierhans. Besserung ist nicht in Sicht: Da die Kosten weiter ansteigen, wird die Lücke in der Pflegefinanzierung und damit die Last für die Betroffenen stets grösser.